WESTERWELLE-HAMACHER-Interview für den Bonner "General-Anzeiger

Kurzfassung: WESTERWELLE-HAMACHER-Interview für den Bonner "General-Anzeiger" Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesaußenminister DR. GUIDO WESTERWELLE gab zusammen mit dem Geschäftsführer des Diakonischen ...
[Freie Demokratische Partei (FDP) - 19.09.2013] WESTERWELLE-HAMACHER-Interview für den Bonner "General-Anzeiger"

Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesaußenminister DR. GUIDO WESTERWELLE gab zusammen mit dem Geschäftsführer des Diakonischen Werks in Bonn ULRICH HAMACHER dem Bonner "General-Anzeiger" (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten LISA INHOFFEN und JULIAN STECH:
Frage: Die FDP gilt als Partei der sozialen Kälte. Warum?
WESTERWELLE: Das habe ich nie verstanden. Ich halte den Widerspruch zwischen wirtschaftlicher Vernunft und sozialer Verantwortung für überholt und sehe ihn noch sehr im früheren Klassenkampf verhaftet.
Frage: Wie stehen Sie, Herr Hamacher, zur FDP?
HAMACHER: Ich bin kein FDP Wähler. Trotz Herrn Westerwelle (lacht).
WESTERWELLE: Vielen Dank für den freundlichen Nachsatz.
HAMACHER: Das Soziale ist bei der FDP deutlich unterbelichtet. Das gilt auch für die jetzige Bundesregierung. Um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu gewährleisten, muss sich das ändern. Es geht einem wachsenden Teil der Bevölkerung immer schlechter. Das ist auf lange Sicht Sprengstoff.
WESTERWELLE: Mit dieser Bundesregierung haben Millionen von Menschen Arbeit gefunden, die vorher arbeitslos waren. Wir verzeichnen einen Höchststand an sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern. Das hat auch mit unserer Wirtschaftspolitik zu tun.
HAMACHER: Unsere Wahrnehmung ist: Es steigt vor allem die Zahl der Menschen, die so wenig Geld verdienen, dass sie beim Jobcenter ihr Gehalt aufstocken lassen müssen. Die Zahl der Aufstocker ist ein Problem.
WESTERWELLE: Das stimmt. Deshalb ist es wichtig, diesem Problem eine Politik entgegenzusetzen, die die Zahl der prekären Beschäftigungsverhältnisse reduzieren hilft. Daran arbeiten wir, mit ersten Erfolgen. Wirtschaft ist nicht alles. Aber ohne Wirtschaft ist alles nichts. Ohne funktionierende Wirtschaft gibt es keinen Sozialstaat.
Frage: Trotzdem bleibt das Problem der Niedriglöhne. Wäre die Einführung von flächendeckenden Mindestlöhnen nicht doch der richtige Weg?
WESTERWELLE: Ich habe meine Einstellung dazu geändert. Es hat mit Leistungsgerechtigkeit nichts zu tun, wenn jemand mit 3,50 Euro die Stunde nach Hause gehen soll. Deswegen bin ich zwar immer noch gegen einen politisch festgesetzten, im ganzen Land einheitlichen Mindestlohn, wir brauchen aber maßgeschneiderte Lohnuntergrenzen, die sich an den branchentypischen und regionalen Verhältnissen orientieren. Das erste Wort müssen die Tarifparteien, die Branchen haben. Worauf es ankommt, ist, Maß und Mitte zu halten, damit der Mittelstand, die kleineren Unternehmen am Ende nicht pleitegehen.
Frage: Ist das auch Ihre Meinung, Herr Hamacher?
HAMACHER: Jain. Es zielt schon in die richtige Richtung. Aber es gibt Tariflöhne, die liegen bei 4,50 Euro und drunter. Das ist für diese Menschen eine Katastrophe. Deswegen plädiere ich für den gesetzlichen Mindestlohn, der auf keinen Fall nur tariflich ausgehandelt werden darf.
WESTERWELLE: Die Politik sollte am Schluss das letzte Wort haben. Aber das erste Wort müssen die Tarifvertragsparteien haben. Bei allen Vorurteilen gegenüber der FDP: In der rot-grünen Regierungszeit ist kein einziger Stundenlohnsatz für allgemeinverbindlich erklärt worden. In unserer Regierungszeit haben wir erreicht, dass dies mittlerweile in mehr als zehn Branchen der Fall ist. Das Klischee, die FDP habe kein Herz für sozial Schwächere, das kann ich nicht akzeptieren.
HAMACHER: Ich bleibe dabei: Ich hätte gerne eine durch eine Kommission oder den Bundestag festgelegte Lohnuntergrenze und eine Entwicklung, nach der die Löhne hoffentlich darüber liegen werden.
Frage: Herr Hamacher, in ihrer Arbeit begegnen sie vor allem Menschen, die keine Arbeit haben. Was fordern sie?
HAMACHER: Wir hier in Bonn haben das Problem, dass insbesondere gering qualifizierte Arbeitskräfte auf der Strecke bleiben. Das schafft einen Sockel von Langzeitarbeitslosen, der sich immer weiter verfestigt. Wir brauchen wieder mehr öffentlich geförderte Beschäftigungsangebote.
WESTERWELLE: Bevor wir darüber reden, rate ich dazu, früher zu beginnen, bei der Bildung und Ausbildung. Die Qualifikation der jungen Menschen muss im Vordergrund stehen. Wir haben immer noch viel zu viele Schulabbrecher.
Frage: Aber die FDP hat die Kröte Betreuungsgeld geschluckt. Das, so sagen die Kritiker, vor allem bildungsferne Familien davon abhält, ihre Kinder in die Kitas zu schicken, wo sie die von Ihnen geforderte frühe Förderung erhalten.
WESTERWELLE: Das mag bei einem Teil stimmen. Aber man kann doch nicht pauschal behaupten, dass Kinder weniger lernen, wenn sie in den ersten Lebensjahren zu Hause erzogen werden. Es gibt drei Sachen, die über den Lebensweg von jungen Menschen entscheiden: Das ist Bildung, Bildung und nochmals Bildung.
HAMACHER: Arme Kinder erkennt man allerdings nicht an den Schulnoten, sondern vielmehr an ihren schlechten Zähnen. Armut ist auch eine Gesundheitsfrage. Kostenloses Mittagessen an allen Schulen ist immer noch nicht selbstverständlich.
Frage: Viele Schulen und Kitas können nicht auskömmlich finanziert werden, weil vielen Kommunen das Wasser bis zum Hals steht. Deshalb will Rot-Grün ja unter anderem die Steuern erhöhen.
WESTERWELLE: Mit uns gibt es keine Steuererhöhungen. Der Staat nimmt so viel Geld ein wie nie zuvor. Das Geld muss nur richtig verteilt werden. Die Bundesregierung hat die Kommunen erheblich entlastet. Bei allem Respekt vor meiner geliebten Heimatstadt Bonn: Ich habe nicht immer den Eindruck, dass hier alles Geld richtig ausgegeben wird.
Frage: Was wurde in Bonn falsch gemacht?
WESTERWELLE: Also, ich bewerbe mich für den Bundestag, nicht für den Stadtrat. Nur so viel: Die öffentliche Hand, auch die Kommune, hat im Wesentlichen ein Ausgabeproblem.
HAMACHER: Der Anteil der öffentlichen Hand an der gesamtgesellschaftlichen Wirtschaft ist doch nicht gestiegen, sondern eher gesunken.
WESTERWELLE: Wenn man über Steuerlast spricht, muss man auch den Soli nennen. Oder die Kirchensteuer, die ich als Mitglied der Bonner Kreuzkirchengemeinde zahle, übrigens gerne, weil ich das soziale Engagement der Kirche sehr schätze.
HAMACHER: Fakt ist aber, dass es immer mehr Kommunen schlecht geht, nicht nur Bonn. Kürzungen für Sozialleistungen sind an der Tagesordnung. Die Kommunen sind finanziell zu schlecht ausgestattet, und die Folgen davon bekomme ich bei meiner Arbeit täglich zu spüren.
WESTERWELLE: Einnahmen hat der Staat genug, er muss lernen, bei den Ausgaben effizienter zu werden, das haben wir auf Bundesebene geschafft. Trotz Schuldenabbaus haben wir unter anderem das größte Bildungs- und Teilhabepaket in der Geschichte Deutschlands aufgelegt...
HAMACHER: …dessen Wirksamkeit von der Fachwelt bezweifelt wird und das finanziert wurde mit Mitteln, die eigentlich für andere Sozialleistungen vorgesehen waren, die gestrichen wurden.
WESTERWELLE: Aber die 13 Milliarden sind alle abgerufen worden.
HAMACHER: Ja, sie sind von den Kommunen abgerufen worden, aber die Vorgaben waren so komplex, dass das meiste Geld gar nicht bei den armen Kindern ankam, sondern für andere Zwecke verwendet wurde, etwa für Schulsozialarbeit, Das ist auch gut, aber letztlich war das Bildungspaket damit ein Flopp.
WESTERWELLE: Entschuldigung, der Bund ist nicht für Kultur und Bildung zuständig. Dafür sind die Länder, hier das rot-grüne NRW zuständig. Damit sind die 13 Milliarden Euro des Bundes obendrauf ein guter Schluck aus der Pulle. Diese Regierung hat den Haushalt konsolidiert und dennoch mehr in Bildung investiert. Das kann sich sehen lassen.
Frage: Herr Hamacher, hat das Gespräch ihr Bild von der FDP, von Herrn Westerwelle verändert?
HAMACHER: Zumindest bereichert. Ich werde die FDP trotzdem nicht wählen.
WESTERWELLE: Es ist doch großartig, in einem Land zu leben, in dem man einem Regierungsmitglied vor aller Öffentlichkeit seine Meinung sagen kann. Das ist gelebte Demokratie. Ich wünsche mir, dass am Sonntag auch alle Bürger wirklich zur Wahl gehen.

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Eine Geschichte als Herausforderung.Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden. Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
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