NIEBEL-Interview für das "Badische Tagblatt

Kurzfassung: NIEBEL-Interview für das "Badische Tagblatt" Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesentwicklungsminister DIRK NIEBEL gab dem "Badischen Tagblatt" (Dienstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stel ...
[Freie Demokratische Partei (FDP) - 20.08.2013] NIEBEL-Interview für das "Badische Tagblatt"

Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesentwicklungsminister DIRK NIEBEL gab dem "Badischen Tagblatt" (Dienstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten ARMIN BROSS und DIETER KLINK:
Frage: Herr Niebel, die FDP liegt derzeit bundesweit in Umfragen bei ungefähr fünf Prozent. Wie ist Ihre persönliche Prognose: Wie schneiden die Liberalen bei der Bundestagswahl ab?
NIEBEL: Ich werde keine Wasserstandsmeldung geben, aber ich kann Sie beruhigen: Alles wird gut - die FDP wird noch deutlich stärker werden bis zur Bundestagswahl, und es wird reichen für eine Neuauflage dieser Regierung. Mein Ziel ist, dass wir wieder in Baden-Württemberg das prozentual beste Ergebnis bundesweit einfahren.
Frage: Zurzeit kommen ja 15 FDP-Bundestagsabgeordnete aus dem Land: Wie viele sollen es denn künftig werden?
NIEBEL: Am liebsten natürlich mehr. Realistisch betrachtet, ist es schon eine Herausforderung, diese 15 zu halten. Ich halte das aber nicht für völlig ausgeschlossen.
Frage: Wie sehen Sie die Entwicklung mit den neueren, kleineren Parteien, also Piratenpartei und Alternative für Deutschland (AfD)? Glauben Sie, dass diese Parteien der FDP Wähler streitig machen können?
NIEBEL: Beide Parteien werden nicht im nächsten Bundestag sein - das ist jetzt schon absehbar. Das bedeutet, dass die Stimmen für die beiden verschenkt sind. Die AfD will verhindern, dass der Euro gerettet wird, und denkt, auf diese Art und Weise könne man die Vergemeinschaftung der Schulden in Europa verhindern. Wenn die AfD aber mit einem oder zwei Prozent an Wählerstimmen bedacht wird, die sonst bei der Union oder der FDP ankommen würden, dann kriegen sie womöglich erst recht das, was sie nicht wollten - nämlich die totale Schuldenvergemeinschaftung durch SPD und Grüne, gegebenenfalls mit Tolerierung der Linken. Alle - und auch viele in der Union - hätten schon längst Eurobonds zugestimmt und der Übernahme der Schulden der europäischen Nachbarn, wenn die FDP nicht in der Bundesregierung gewesen wäre.
Frage: Und die Piraten? Die versuchen doch auch, liberale Werte wie Bürgerrechte für sich zu reklamieren.
NIEBEL: Es war die FDP, die gegen den Widerstand aller Parteien und mit Unterstützung des Bundesverfassungsgerichts verhindert hat, dass wir zu einer allgemeinen Vorratsdatenspeicherung kommen - also dass jeder Bürger unter Generalverdacht gestellt wird. Und deshalb glaube ich auch, dass der Schutz der bürgerlichen Freiheitsrechte bei uns besser aufgehoben ist als bei irgendwelchen Spontis am Rande des politischen Spektrums.
Frage: Gerade die NSA-Spähaffäre könnte den Piraten aber Auftrieb geben ...
NIEBEL: Tut sie aber nicht. Richtigerweise. Ich glaube, dass die Problematik sehr viel diffiziler ist, und es hier auch des Verhandlungsgeschicks auf internationaler Ebene bedarf. Zunächst mal: Ich bin mir sicher, dass die EU-Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung nach dieser Geschichte tot ist. Wir werden innerhalb Europas eine gemeinsame Position entwickeln müssen, was Datenschutz anbetrifft. Und dann streben wir eine Resolution der Vereinten Nationen zum Thema Datenschutz an. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen.
Frage: Bundeskanzlerin Angela Merkel ist außerordentlich populär. Haben Sie den Eindruck, dass die FDP dadurch an den Rand gedrückt wird?
NIEBEL: Die Bundeskanzlerin führt diese Regierung mit uns gemeinsam sehr gut. Und wir wollen auch gerne gemeinsam mit ihr weiterregieren. Natürlich versucht ein Koalitionspartner immer, seinen eigenen Vorteil herauszuziehen. Wenn man qua Amt als Bundeskanzlerin öffentlich auftreten kann, ist es natürlich etwas leichter, weil dort dann die größeren Mikrofone sind. Auf der anderen Seite müssen wir uns aber auch nicht verstecken. Stichwort Vorratsdatenspeicherung, Stichwort Subventionen für Opel oder für andere marode Betriebe, die dank der FDP verhindert worden sind. Das hat dazu beigetragen, dass wir klar vernehmbar und sichtbar sind. Und ich erinnere mich sehr genau, dass die Union die Praxisgebühr nicht abschaffen wollte. Wir wollten das und wir haben sie abgeschafft.
Frage: Welche liberalen Akzente wollen Sie denn im Wahlkampf setzen?
NIEBEL: Das ist vor allem die Auseinandersetzung mit SPD, Grünen und Linke und ihrer Steuerorgie. Die CDU sagt ja wenigstens, dass sie keine Steuern erhöhen will - was allerdings schwierig durchzuhalten sein wird angesichts der Shopping-Liste, die die Union an neuen Segnungen für das Volk verspricht. Deshalb ist es auch besonders wichtig, dass die FDP stark wird. Das ist die einzige Garantie, dass die anderen Parteien nicht doch wieder in die Tasche des Bürgers greifen. Wir gehen übrigens noch ein Stück weiter: Wenn die Haushaltskonsolidierung und das wirtschaftliche Wachstum so wie vorhergesagt weitergehen, dann gewinnen wir die Spielräume, um in der nächsten Legislaturperiode den Einstieg in den Ausstieg aus dem Solidaritätszuschlag zu schaffen.
Frage: Sie thematisieren im Wahlkampf die Bildungspolitik - eigentlich ein Landesthema.
NIEBEL: Wir plakatieren: "Gymnasien erhalten" - obwohl das kein bundespolitisches Thema ist. Aber: Berufliche Qualifikation ist bundespolitisch wichtig. Man kann nicht, wenn man gute Bildung implementieren will, Bildungsmöglichkeiten gegeneinander ausspielen. Ich habe nichts dagegen, ein zusätzliches Angebot zu schaffen …
Frage: Sie meinen jetzt die Gemeinschaftsschule, die von der grün-roten Landesregierung favorisiert wird ...
NIEBEL: Ja. Aber ich kann das nicht so machen, indem ich die anderen Schulen, zum Beispiel die Berufsschulen, ausbluten lasse. Das wäre katastrophal für den Standort Baden-Württemberg. Wir haben heute schon zu wenig Fachkräfte in vielen Bereichen. Das würde bedeuten, dass wir Arbeitsplätze nicht besetzen können, und dadurch Wohlstand verlieren. Und ein Ausbluten der allgemeinbildenden Schulen - sei es Realschule, sei es Gymnasium - führt dazu, dass Bildungsvielfalt verloren geht und Chancen für kommende Generationen verloren gehen.
Frage: Noch einmal kurz zurück zum Thema Haushaltssanierung. Kanzlerin Merkel hat ja angekündigt, was alles an finanziellen Wohltaten für die Bürger kommen soll, zum Beispiel höhere Mütterrenten und mehr Kindergeld. Es wird geschätzt, dass dies Zusatzkosten von rund 30 Milliarden Euro verursachen würde. Wie realistisch ist die Haushaltssanierung, wenn das Füllhorn so stark geöffnet wird?
NIEBEL: So wenig realistisch, wie es Ihre Frage bereits impliziert. Und deshalb wird es so auch nicht kommen. Was wir als Liberale ebenfalls wollen: Wir wollen sukzessive die Freibeträge der Kinder denen der Erwachsenen angleichen, entsprechend auch die Kindergeldzahlungen anpassen. Das ist Bestandteil unseres Wahlprogramms, weil wir bei Beibehaltung des Ehegattensplittings die Stärkung der Familien trotzdem für sinnvoll und notwendig halten. Übrigens hat diese Regierung bereits zu Beginn Kinderfreibeträge und Kindergeldsätze angehoben, aber so moderat, wie es haushaltsmäßig möglich gewesen ist - und das wird fortgesetzt in der nächsten Legislaturperiode. Was die Mütterrente betrifft, bin ich auch der Ansicht, dass man hier eine Verbesserung herbeiführen muss, aber nicht in dieser Art und Weise und nicht in diesem Umfang, wie das bisher von der Union vorgeschlagen wurde, und vor allem ist auch die Finanzierungsfrage offen.
Frage: Sie sind also skeptisch, was die genannte Größenordnung von 30 Milliarden Euro betrifft?
NIEBEL: Das halte ich für nicht darstellbar.
Frage: Welche Fallstricke birgt denn die Eurokrise noch für den deutschen Haushalt?

NIEBEL: Ich bin kein Prophet, deshalb kann ich das nicht nachhaltig beantworten. Aber ich will es anders beantworten: In früheren Jahrhunderten hätten wir in Europa bei solchen Verwerfungen Kriege miteinander geführt - heute geht es überwiegend um Bürgschaften.
Frage: Halten Sie die Euro-Krise denn für überwunden, oder ist es im Moment eher eine Ruhephase, und nach der Bundestagswahl werden dann die Forderungen gestellt?
NIEBEL: Sie können davon ausgehen, dass weder die internationalen Finanzmärkte noch unsere europäischen Partner mit irgendwelchen Krisenszenarien Rücksicht nehmen auf einen deutschen Wahltermin. Das halte ich für schlichtweg lächerlich. Ich glaube noch nicht, dass wir über den Berg sind. Wenn die Krise überwunden wäre, würde das ja bedeuten, dass alle Strukturreformen schon wirken würden - und das tun sie ja nicht. Die Partner, die es nötig hatten, sind jetzt zumeist dabei, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für strukturelle Veränderungen zu schaffen. Bis diese dann greifen, dauert es natürlich eine gewisse Zeit. Diese Zeit müssen wir als faire Partner geben, und dafür sind wir bereit zu überbrücken, so wie wir das bisher machen. Übrigens mit der Beteiligung des gesamten Bundestags, mit Ausnahme der Linken.
Frage: Sie sind jetzt seit vier Jahren Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Wo sehen Sie künftige Schwerpunkte der Entwicklungspolitik?
NIEBEL: Ein Schwerpunkt bleibt Afrika, ein Kontinent, der enorme Potenziale hat und viele Herausforderungen, der aber mit Sicherheit nicht der Katastrophenkontinent ist, als der er häufig wahrgenommen wird. Ich habe oft den Eindruck, dass viele Menschen in Deutschland denken, Afrika sei ein Land. Aber es ist ein Kontinent mit 54 höchst unterschiedlich entwickelten Staaten - mit einem Niveau zwischen der Republik Südafrika und Somalia. Mit enormen Chancen, einer immer größer werdenden Mittelschicht, die immer besser gebildet und immer besser international vernetzt ist - besser oft als manch einer in Deutschland. Wir entscheiden mit, ob das im Jahr 2050, wenn eine Milliarde erwerbstätige Menschen auf diesem Kontinent leben werden, ob das dann unsere Kunden werden, unsere Partner, unsere Mitarbeiter - oder die nächsten Kriegsflüchtlinge.
Frage: Sie sind auch jahrelang in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in vorderster Linie tätig gewesen: Wie bewerten Sie die aktuellen Friedensverhandlungen im Nahen Osten?
NIEBEL: Ich bin sehr froh, dass es wieder direkte Gespräche gibt. Es war ein sehr langer Weg dahin. Und ich bin froh, dass trotz des Säbelrasselns über neue Siedlungen auf der einen Seite und Raketenangriffe auf der anderen Seite Zeichen der Versöhnung gesetzt werden durch die Freilassung von Gefangenen. Persönlich habe ich eine klare Meinung, was am Ende herauskommen wird: Eine Zwei-Staaten-Lösung, ungefähr im Rahmen dessen, was damals in Camp David besprochen worden war.
Frage: Zum Abschluss: Wie sehen Ihre politischen Ambitionen innerhalb der FDP aus? Sie mussten im März ja eine Niederlage hinnehmen, als Sie nicht ins Präsidium der Bundes-FDP gewählt wurden. Sagen Sie dennoch: Beim nächsten Mal versuche ich es wieder?
NIEBEL: Ich habe an Dreikönig eine aus innerster Überzeugung kommende Rede gehalten, die die Situation meiner Partei beschrieben hat. Mit dem Ergebnis, dass das natürlich nicht jeder gut fand. Auf der anderen Seite haben wir dadurch einen Parteitag vorgezogen und Personalentscheidungen getroffen. Und das hat uns monatelange quälende Personaldiskussionen erspart. So hatten wir Gelegenheit, uns mit Inhalten zu beschäftigen, das hat der Partei gut getan. Ich sehe mich als Bundesminister und Spitzenkandidat in Baden-Württemberg selbstverständlich als Mitglied im Partei-Präsidium - nicht als gewähltes, aber qua Amt - und strebe an, mein Amt als Bundesminister fortzusetzen.

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Eine Geschichte als Herausforderung.Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden. Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
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