18.09.2012 10:41 Uhr in Medien & Presse von FDP Bundesgeschäftsstelle

LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung

Kurzfassung: LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" Berlin. Die stellvertretende Vorsitzende der FDP Bundesjustizministerin SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER gab der "Fran ...
[FDP Bundesgeschäftsstelle - 18.09.2012] LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung"

Berlin. Die stellvertretende Vorsitzende der FDP Bundesjustizministerin SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER gab der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Dienstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten JOACHIM JAHN und REINHARD MÜLLER:
Frage: Frau Ministerin, verstößt die Europäische Zentralbank gegen geltendes Recht?
Leutheusser-Schnarrenberger: Das Bundesverfassungsgericht hat dazu in seinem Urteil zum ESM nicht abschließend Stellung genommen. Das ist eine Entscheidung, die man unter vielen Aspekten bewerten muss. FDP-Fraktionsvorsitzender Rainer Brüderle hat sie als grenzwertig bezeichnet.
Frage: Und wie ist Ihre Meinung zum Ankauf von Staatsanleihen?
Leutheusser-Schnarrenberger: Ich greife dem Verfassungsgericht nicht vor. Es wird sich damit in der Hauptsache befassen. Aber ich bin der Ansicht, die EZB kann in ihrer Unabhängigkeit solche Entscheidungen treffen.
Frage: Halten Sie das Programm von EZB-Präsident Draghi nicht für problematisch?
Die Äußerung des Verfassungsgerichts in der Eilentscheidung war ja deutlich.
Leutheusser-Schnarrenberger: Im Ergebnis liegt diese Entscheidung im Rahmen der Unabhängigkeit der EZB. Und die Ausgabe von Staatsanleihen ist an Konditionen gebunden.
Frage: Lesen Sie aus dem Karlsruher Urteil eine Warnung heraus?
Leutheusser-Schnarrenberger: In diesem Punkt hat das Bundesverfassungsgericht noch nicht alle Facetten abgewogen. Eine abschließende Bewertung ist noch nicht erkennbar. Das Gericht wird auch noch klarstellen müssen, wie weit seine eigene Prüfungskompetenz im Rahmen des Grundgesetzes reicht.
Frage: Ist die EU noch eine Rechtsgemeinschaft?
Leutheusser-Schnarrenberger: Ja. Die EU ist eine Gemeinschaft, die sich der Freiheit, der Sicherheit und dem Recht verpflichtet hat. Sie ist eine Rechtsgemeinschaft. Es wird sehr viel getan, um die rechtlichen Grundlagen zu verbessern.
Frage: Aber gerade zur Euro-Rettungspolitik haben europäische Politiker wiederholt geäußert, man bewege sich außerhalb des Rechts. In der Not nimmt man es also mit dem Recht nicht so genau.
Leutheusser-Schnarrenberger: Das Bundesverfassungsgericht hat sich in mehreren Entscheidungen dazu geäußert - und diesen Weg für verfassungskonform gehalten. So auch im Fall des ESM und des Fiskalpakts. Niemand hätte sich vor Beginn der Finanzkrise vorstellen können, dass wir einmal zu einem Fiskalpakt kommen, der die Mitgliedstaaten auf Einhaltung einer Schuldenbremse verpflichtet.
Frage: Was erwarten Sie denn vom Fiskalpakt?
Leutheusser-Schnarrenberger: Druck auf die Mitgliedstaaten. Wir brauchen Strukturreformen. Ohne Veränderungen und Auflagen wird es nicht gehen. Hier wird der Fiskalpakt in Verbindung mit dem ESM Wirkung entfalten.
Frage: Aber der Fiskalpakt regelt doch nur, was im Wesentlichen schon europarechtlich
geregelt war. Und wenn man sich Deutschlands Bilanz einer verfassungsrechtlich
verankerten Schuldenbremse ansieht, so muss man doch daran zweifeln, dass eine solche Bremse in Ländern mit völlig anderer Schuldenkultur zieht.
Leutheusser-Schnarrenberger: Gewiss, aber die Kultur des Umgangs mit Schulden verändert sich. Schulden werden nicht mehr als etwas Gegebenes angesehen, das immer weiter vermehrt werden darf. Auch in Deutschland hat sich etwas geändert. Wir haben ein ehrgeiziges Konsolidierungsziel.
Frage: Die arabische Welt ist in Aufruhr, deutsche Botschaften werden bedroht. Würden Sie ein solches Video, dessen Verbreitung offenbar die Proteste hervorgerufen hat, hierzulande verbieten lassen?
Leutheusser-Schnarrenberger: Das ist eine komplexe Frage. In Amerika hat man den Urheber dieses widerlichen, aufstachelnden, religiöse Gefühle verletzenden Videos ja befragt. Wir brauchen gemeinsame internationale Standards für das Internet, wie mit solchen Extremen umzugehen ist. Rein nationale Entscheidungen können nur begrenzte
Wirkungen haben.
Frage: Und wenn es zu internationalen Vereinbarungen wegen der unterschiedlichen Rechtskulturen nicht kommt: Muss dann nicht Deutschland sich eine eigene Meinung bilden und vorpreschen?
Leutheusser-Schnarrenberger: Das Video muss unter verschiedenen rechtlichen Aspekten geprüft werden. Wir haben im Strafgesetzbuch übrigens auch Bestimmungen gegen die Verunglimpfung von Religionen. Es gibt hierzulande dazu einen Wertekonsens und auch deutsche Gerichte haben sich immer mit der Verletzung von Persönlichkeitsrechten im Internet befasst und Vorgaben gemacht, dass etwa bestimmte Angaben nicht verwandt werden dürfen. Die öffentliche Aufführung dieses schlimmen Videos muss natürlich auch geprüft werden - etwa unter dem Blickwinkel des Versammlungsrechts, wenn dadurch Sicherheit und Ordnung gefährdet wird.
Frage: Muss der Gesetzgeber tätig werden und Blasphemie-Vorschriften verschärfen?
Leutheusser-Schnarrenberger: Nein, ich sehe keinen gesetzgeberischen
Handlungsbedarf. Wir müssen aber Respekt und Toleranz für Religionsausübung fördern und einfordern. Ich fordere "Pro-Deutschland" auf, das Video auf ihrer Seite nicht online zu stellen, ihre Pläne für eine öffentliche Vorführung fallenzulassen. Gezielte Provokationen beschädigen den notwendigen Dialog der Religionen. Die Offenheit ist das, was Deutschland im 21. Jahrhundert ausmacht. Den strafrechtlichen Rahmen haben wir. Wenn man sieht, wie in anderen Ländern damit umgegangen wird, wird deutlich - siehe Russland - dass mit Vorschriften zum Schutz von Religionen auch Missbrauch betrieben werden kann. Wir bewegen uns in einem Spannungsfeld. Aber der Rahmen bei uns stimmt.
Frage: Und was ist mit den Rahmenbedingungen jenseits der Religion? Was ist mit den Verletzungen des Persönlichkeitsrechts etwa durch Suchmaschinen?
Leutheusser-Schnarrenberger: Dazu gibt es ja schon gerichtliche Entscheidungen, in denen Suchmaschinenbetreibern Vorgaben gemacht wurden. Auf der anderen Seite werden bestimmte Begriffe von den Nutzern generiert. Das sind keine Meinungsäußerungen. Das Internet ist kein Täter. Der Tatort ist aber das Internet. Eine allgemeine rechtliche Regelung, nach der bestimmte Kombinationen im Netz verboten würden, wäre fragwürdig. Das bringt keine Rechtssicherheit, denn auch viele Verlage arbeiten mit solchen Such-Kombinationen. Wir müssen abwarten, ob sich aus der Entwicklung der Rechtsprechung Handlungsbedarf für den Gesetzgeber ergibt.
Frage: Der Fall Bettina Wulff erfordert also keine Gesetzesänderung, sondern Sie vertrauen erst einmal der Rechtsprechung?
Leutheusser-Schnarrenberger: Das Verfahren gegen Google ist ja jetzt anhängig, und es gibt auch schon einige Gerichtsentscheidungen, die sich mit der Autocomplete-Funktion befassen. Dort wurde ausgeführt, dass dies eine wichtige Recherchefunktion ausmacht. Die Anbieter selbst zu verpflichten, das zu unterbinden, hielte ich eindeutig für zu weitgehend. Denn diese Funktion wird gebraucht. Aber wir müssen einen Blick auf die Entwicklung der Rechtsprechung haben. Das Internet ist ohnehin international, und auf EU-Ebene beraten wir derzeit intensiv neue Datenschutzregelungen für einen besseren Persönlichkeitsschutz des Einzelnen.
Frage: Das Kabinett hat die Einführung eines Leistungsschutzrechts beschlossen, damit Presseverlage etwas abbekommen von der Verwertung ihrer Artikel durch Suchmaschinen im Internet. Obwohl der Gesetzentwurf abgespeckt wurde, gibt es noch immer viel Kritik von Internetanbietern...
Leutheusser-Schnarrenberger: Die ökonomische Verantwortung, die Verlage übernehmen, um Inhalte produzieren zu können, wird mit dem geplanten Gesetz besser abgesichert. Der private Nutzer und die gesamte restliche Wirtschaft bleiben dagegen auch künftig von der Zahlungspflicht ausgenommen. Jetzt läuft die Äußerungsfrist für den Bundesrat, und der Entwurf wird mit Sicherheit noch in diesem Jahr in der ersten Lesung
im Bundestag beraten werden. Damit kann er noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden.
Frage: Sie haben sich zusammen mit Bundesfamilienministerin Kristina Schröder von der CDU in einem Brief an die EU-Kommission gegen deren Pläne gewandt, eine
gesetzliche Frauenquote an der Spitze von Unternehmen einzuführen. Ist dies nun die Haltung der gesamten Bundesregierung?
Leutheusser-Schnarrenberger: Wir haben damit unsere klare Haltung zum Ausdruck gebracht. Die Frauenquote ist ohnehin ein sehr streitiges Thema unter den 27 Mitgliedstaaten. Da müssten qualifizierte Mehrheiten gefunden werden. Und wir wollen den Meinungsbildungsprozess auch bei anderen Ländern, die dem Vorstoß aus Brüssel distanziert gegenüberstehen, dahingehend beeinflussen, dass wir keine verpflichtende Vorgabe der EU bekommen.
Frage: Die große Koalition hatte im Aktiengesetz eine Karenzzeit von zwei Jahren eingeführt, innerhalb derer Vorstandsmitglieder nicht in den Aufsichtsrat ihres Unternehmens wechseln dürfen. Mit dem früheren Bayer-Vorstandschef Werner Wenning hat nun zwar erstmals ein Manager diese Hürde genommen. Aber die Gutachter zum Juristentag fordern eine Lockerung...
Leutheusser-Schnarrenberger: Wir als FDP waren damals ja in der Opposition, als diese Änderung im Aktiengesetz verabschiedet wurde - zusammen mit Regeln für eine angemessene Vorstandsvergütung. Aber gerade jetzt, wo wir die erste Bewährung dieses Gesetzes sehen, sollten wir ihm eine Chance geben. Da ist dann doch ein guter Kompromiss gefunden worden. Derzeit sehe ich also keinen Änderungsbedarf.
Frage: Der Deutsche Corporate Governance Kodex wird oft als zu aufgebläht gerügt. Seine Befolgung durch die Aktiengesellschaften ist zwar als freiwillig gedacht. Aber wollen Sie für eine Verschlankung sorgen und außerdem die gesetzlichen Grundlagen präzisieren?
Leutheusser-Schnarrenberger: Den Kodex und die Arbeit der Regierungskommission, die ihn regelmäßig überarbeitet, halte ich für einen wirklichen Erfolg. Dort hat es zwar lange gedauert, bis man sich geöffnet hat mit Blick auf mehr Frauen in Führungspositionen. Aber die Kommission hat den Unternehmen sehr beispielhafte Empfehlungen gegeben. Daher finde ich es gut, dass wir diese Einrichtung seit zehn Jahren haben. Eine gewisse Selbstbeschränkung ist sicher gut; im Kodex soll nicht alles und jedes geregelt werden. Nicht zuletzt auch dank des jetzigen Kommissions Vorsitzenden Klaus-Peter Müller ist er jedenfalls ein Erfolg geworden. Das gilt auch dafür, dass der Anteil der Frauen in diesem Gremium selbst immer weiter verbessert wurde. Ich stehe also ohne Wenn und Aber dazu, dass die freiwilligen Regeln eine Bereicherung sind. Aber wenn die Experten des Juristentages überlegen, wie man noch etwas verbessern kann, werden die Mitglieder der unabhängigen Regierungskommission für konstruktive Vorschläge sicher empfänglich sein.
Frage: Wann wird der MAD aufgelöst?
Leutheusser-Schnarrenberger: Die Debatte ist im Gang. Die FDP hat schon früh ein Sicherheitskonzept erarbeitet, in dem wir uns für die Überführung von Aufgaben des MAD auf andere Behörden aussprechen - um den Dienst letztlich auflösen zu können. Wir brauchen eine effektivere Sicherheitsstruktur. Wir müssen weg vom Nebeneinander der Geheimdienste und offener über die Auflösung des MAD reden. Es gibt Verbesserungs- und Vereinheitlichungsbedarf für die gesamte Sicherheitsarchitektur. Dazu wird die Bundesregierung jetzt die Kommission unter gemeinsamer Federführung von Bundesinnenministerium und Bundesjustizministerium nutzen. Eine offene Debatte
gerade auch der Länder ist notwendig.

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FDP Bundesgeschäftsstelle Eine Geschichte als Herausforderung.Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden. Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
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