LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für die "Rheinische Post Online

Kurzfassung: LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für die "Rheinische Post Online" Berlin. Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Bundesjustizministerin SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER gab der "Rheinische ...
[FDP-Bundesgeschäftsstelle - 31.10.2013] LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER-Interview für die "Rheinische Post Online"

Berlin. Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Bundesjustizministerin SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER gab der "Rheinischen Post Online" das folgende Interview. Die Fragen stellte RENA LEHMANN:
Frage: Sie sind nur noch Justizministerin auf Zeit. Wie viel Einfluss haben Sie noch auf die Aufklärung der NSA-Affäre?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Natürlich kann ich als amtierende Justizministerin darauf drängen, dass alles was noch offen ist, von den Amerikanern beantwortet wird. Die Arbeit geht weiter. Was natürlich neue Abkommen angeht, wird eine neue Bundesregierung zu entscheiden haben.
Frage: Können Sie ausschließen, dass Ihre Kommunikation in Ihrer Amtszeit überwacht worden ist?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Das kann ich nicht. Bei einer Anhörung im Kongress haben die US-Geheimdienstchefs zugegeben, dass hochrangige Politiker abgehört worden sind. Dann ist das sicher nicht nur bei der Kanzlerin, sondern auch bei anderen Regierungsmitgliedern der Fall.
Frage: Sie haben aber zumindest versucht, sich zu schützen. Sind Sie weniger naiv als Ihre Kollegen im Kabinett mit dem Thema umgegangen?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Gerade weil mich natürlich Datenschutz besonders beschäftigt, habe ich vielleicht einen stärkeren Blick auf den Schutz der persönlichen Daten. Ich gehöre zu den "angeblich Rückwärtsgewandten", die kein Online-Banking machen, denn es ist nicht sicher. Wenn irgend möglich, telefoniere ich dienstlich vom Festnetz aus. Ich habe natürlich auch ein sogenanntes Krypto-Handy, das geschützt ist. Aber ich habe auch ein privates Handy, über das ich telefoniere, wenn es nicht mit Politik zu tun hat.
Frage: Sie trauen also den Online-Systemen in Punkto Sicherheit nichts zu?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Ich sehe einfach die Risiken, wenn es um Finanztransaktionen, Kontonummern, Kreditkartennummern geht. Es gibt eben doch genug Menschen, die illegal versuchen, unter Verstoß gegen unsere Gesetze Informationen zur eigenen Gewinnmaximierung zu bekommen. Deshalb nehme ich an diesen Entwicklungen nicht teil. Ich kaufe nicht online ein. Wer sich dafür entscheidet, muss alles tun, um sich zu schützen.
Frage: Zurück zur NSA-Affäre: Hat im Kabinett ernsthaft jemand angenommen, die Bundesregierung würde nicht überwacht werden?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Dass es Spionage gibt, ist doch allen klar. Es hat aber schon eine andere Qualität, dass Verbündete wie die Vereinigten Staaten von Amerika gezielt Regierungsmitglieder ausspähen und aus vertraulichen Gesprächen Informationen gewinnen. Bei Verbündeten geht man davon aus, dass man auf einer gemeinsamen Wertebasis arbeitet. Es ist an der Zeit, dass wir sehr nüchtern und realistisch, ohne Sentimentalität und ohne Überhöhung mit der veränderten Situation umgehen. Im Augenblick kann nichts ausgeschlossen werden.
Frage: Muss man fürchten, dass Spitzenpolitiker durch die NSA-Datensammlung erpressbar werden?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Das könnte natürlich einen interessanten Krimi abgeben. Aber ich gehe davon aus, dass unsere Spitzenpolitiker nicht erpressbar sind. Politiker werden ohnehin kritisch durch die Medien beobachtet.
Frage: Drängen Sie auf harte "Straf"-Aktionen gegenüber den USA?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Wir müssen den Amerikanern deutlich machen, dass Deutschland zusammen mit anderen Staaten in der EU nicht länger bereit ist, sich an einem Datenaustauschprogramm wie Swift zu beteiligen. Dabei geht es um alle Finanztransaktionen, die über diesen belgischen Finanzdienstleister laufen. Wenn wir nun erkennen müssen, dass diese Daten auch zu anderen Zwecken genutzt werden als der Terrorabwehr, dann müssen wir das Abkommen aussetzen. Auch Passagierdaten von Fluggästen dürfen nicht länger ausgetauscht werden. Politik kann sich doch gerade jetzt handlungsfähig zeigen. Datenaustauch muss gestoppt werden, wenn klar ist, dass es eben nicht nur zu ganz gezielter anlassbezogener Informationsgewinnung verwendet wird.
Frage: Warum ist die Affäre erst ernst genommen worden, nachdem Angela Merkel abgehört wurde?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Ich habe von Anfang an gesagt, dass die Überwachung durch Geheimdienste eine gewaltige Verletzung der Privatsphäre ist. Dass es nun noch eine Person mehr ist, ist nicht entscheidend. Fest steht: Die Amerikaner versuchen in Deutschland alle Daten, die sie kriegen können, zu sammeln und wir müssen das verhindern.
Frage: Warum haben Sie nicht schon im Sommer weiter auf Aufklärung gedrängt, als Kanzleramtschef Ronald Pofalla die Affäre für beendet erklärt hat?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Ich habe die Affäre nie für beendet erklärt. Noch vor der Bundestagswahl habe ich betont, dass wir mitten in der Aufklärung stecken. Es haben aber andere Themen als die Abhöraffäre den Wahlkampf bestimmt.
Frage: Warum war das so?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Bei den Bürgern ist noch nicht angekommen, dass sie selbst unmittelbar betroffen sein können. Die Gefahr erscheint vielen abstrakt. Viele denken, es betrifft sie nicht, weil sie nichts zu verbergen hätten oder nicht im politischen Bereich tätig sind. Sie können sich nicht vorstellen, dass es eben jeden trifft. Was eine relevante Information ist oder nicht, entscheiden nicht sie selbst. Genau das ist ja auch das Problem bei der Vorratsdatenspeicherung.
Frage: Inwiefern?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Die Vorratsdatenspeicherung ermöglicht, anlasslos Telefondaten aller Bürger für ein halbes Jahr zu speichern. Es darf aber keine massenhaft anlasslose und ohne Verdacht Ausspähung von Bürgern geben. Ich wurde für diese Haltung "Madame No" und als Sicherheitsrisiko für Deutschland bezeichnet. Die Mehrheit der Politik will das Problem nicht sehen. Durch das Handy von Frau Merkel könnte sich das öffentliche Bewusstsein dafür nun aber doch verändern. Es kann nicht sein, dass Union und SPD jetzt einfach wieder zur Tagesordnung übergehen und die Vorratsdatenspeicherung beschließen.
Frage: Könnte die NSA-Affäre dazu führen, dass viele Länder jetzt beim Thema Spionage aufrüsten? Nach dem Motto: Was die können, können wir schon lange.
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Die europäischen Mitgliedstaaten sollten jetzt nicht dazu übergehen, bei eigenen Spionage-Möglichkeiten aufzurüsten. Wir brauchen stattdessen Vorschläge, was wir zur Sicherheit des Internets beitragen können. IT-Sicherheit muss für den Bürger nutzbar und bezahlbar sein. Verschlüsselungsprogramme werden künftig wichtiger. Wir müssen in Europa auch wettbewerbsfähiger werden gegenüber den großen Internetkonzernen, die alle in den USA sind.
Frage: Warum fragt Deutschland nicht Edward Snowden selbst?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Ich habe es bisher abgelehnt einem Ersuchen der Amerikaner stattzugeben. Snowden setzt sich möglicherweise Gefahren aus, wenn er Moskau verlässt. Es gibt aber ein Rechtshilfe-Übereinkommen mit Russland. Wenn es einen Untersuchungsausschuss im Bundestag gibt, dann kann eine Delegation aus Deutschland ihn dort befragen.
Frage: Sind Sie ihm dankbar?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Er hat auf jeden Fall eine andere Seite des Internets öffentlich gemacht. Wir haben jetzt ein sehr viel realistischeres Bild davon, welche Möglichkeiten grenzenlose Kommunikation eröffnet. Herr Snowden hat dazu einen wichtigen Beitrag geleistet.
Frage: Wird man künftig über Ihren Twitter-Account @sls_bmj weiter von Ihnen hören?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Das Kürzel "BMJ", das jetzt für Bundesjustizministerium steht, werde ich dann natürlich nicht weiter verwenden. Ich überlege gerade, ob ich dann künftig auch selbst unter einem anderen Twitternamen twittere. Bisher bin ich selbst nicht der große Twitterer.
Frage: Sie sind für viele Bürgerrechtler eine Hoffnungsträgerin gewesen. Konnten Sie dem gerecht werden?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Jede andere Regierung hätte die Vorratsdatenspeicherung doch durchgewinkt. Ich habe das verhindert. Wir haben jetzt erstmals eine ganz grundlegende Klärung beim Europäischen Gerichtshof erwirkt. Wir konnten die Union überzeugen, dass wir keine Sperren im Netz aufbauen. Wir haben das Stakkato der Sicherheitsgesetze von 1998-2009 stoppen können und teilweise sogar zurückgedreht. Jetzt wird der Koalitionsvertrag zeigen, in welche Tradition sich die neue Bundesregierung stellen wird.
Frage: Warum hat es dann nicht für den Wiedereinzug in den Bundestag gereicht?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Die Niederlage der FDP liegt sicher in anderen Aspekten begründet. Das Image der FDP ist einfach sehr, sehr schlecht gewesen. Man hat uns gerade in der Finanz- und Wirtschaftspolitik kaum etwas zugetraut. Mit Bürgerrechten alleine gewinnt man leider keine Wahlen.
Frage: Welche Rolle werden Sie denn in der neuen FDP spielen, die der künftige Vorsitzende Christian Lindner gerade aufbaut?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Das ist seine Sache, wie er sich sein künftiges Führungsteam vorstellt. Es sollte sicher aus jungen und anderen Leuten bestehen als die vorherige Führung.
Frage: Stünden Sie denn noch für führende Ämter zur Verfügung?
LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Herr Lindner wir sich sicher überlegen, was ich mit meinem Thema Bürgerrechte und mit meinem Bekanntheitsgrad für die neue FDP tun kann. Ich halte aber gar nichts davon, dass die unter uns, die lange Politik gemacht haben, Herrn Lindner nun schon wieder sagen, was er tun soll. Ich brauche nicht zwingend ein Amt, aber ich kann ihn unterstützen.

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