26.02.2013 14:31 Uhr in Gesellschaft & Familie von FDP

WESTERWELLE-Interview für den Bonner "General-Anzeiger

Kurzfassung: WESTERWELLE-Interview für den Bonner "General-Anzeiger" Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesaußenminister DR. GUIDO WESTERWELLE gab dem Bonner "General-Anzeiger" (Dienstag-Ausgabe) das folgend ...
[FDP - 26.02.2013] WESTERWELLE-Interview für den Bonner "General-Anzeiger"

Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesaußenminister DR. GUIDO WESTERWELLE gab dem Bonner "General-Anzeiger" (Dienstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte HOLGER MÖHLE:
Frage: Der neue US-Außenminister John Kerry hat sich heute zum Antrittsbesuch in Berlin angesagt. Dass Kerry zu einer Europa-Tournee mit fünf Stationen inklusive Türkei antritt, entkräftet das alle Spekulationen über eine wachsende Distanz zwischen den USA und ihren europäischen Partnern?
WESTERWELLE: Der Besuch von John Kerry zeigt, dass all diejenigen falsch liegen, die meinen, Amerika hätte Europa abgeschrieben. Die USA suchen so wie wir in Deutschland nach neuen Partnerschaften mit den neuen Wachstumszentren der Welt. Aber wir vernachlässigen dabei unsere alten Freunde auch nicht.
Frage: Welchen Aufschlag erwarten Sie von der Obama-Regierung für deren zweite Amtszeit - es fehlt noch immer eine bedeutende Friedensinitiative für den Nahen Osten?
WESTERWELLE: Welche neuen Initiativen von den USA und Europa für den Frieden in Nahost ausgehen können, darüber werden wir vertrauensvoll mit John Kerry in Berlin beraten.
Kerry trifft in der deutschen Hauptstadt auch gleich noch seinen russischen Amtskollegen Sergej Lawrow…
WESTERWELLE: Beide sind in Deutschland herzlich willkommen.
Frage: Welche Initiative könnten Kerry und Lawrow für ein Ende von Krieg und Massaker in Syrien auf den Weg bringen?
WESTERWELLE: Sergej Lawrow hat sich bei der Münchner Sicherheitskonferenz ja bereits mit dem syrischen Oppositionsführer Moaz al-Chatib getroffen. Ich denke, das war ein Anfang. Gleichwohl ist die Lage in Syrien unverändert bestürzend. Wir wollen den Menschen in Syrien helfen. Aber wir müssen auch einen Flächenbrand in der Region verhindern, der ein Nachbarland nach dem anderen erfassen könnte. Deswegen begrüße ich auch das Gesprächsangebot von Scheich al-Chatib an das Regime in Damaskus.
Frage: Wäre Asyl für Assad in einem Land seiner Wahl eine Möglichkeit, eine Chance für den Neustart in Syrien hinzubekommen?
WESTERWELLE: Das ist eine sehr schwierige Frage. Natürlich gehören die in Syrien begangenen Verbrechen vor Gericht und die Täter bestraft. Das Wichtigste ist aber jetzt, dass das Töten endet. Was dem dient, sollte getan werden. Dass Assad die Hauptverantwortung für die Gewalt in Syrien trägt, steht außer Zweifel.
Frage: Der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi hat in München das US-Angebot für direkte Gespräche über das Atomprogramm Teherans zunächst angenommen. Kurz darauf hat der Geistliche Führer Ayatollah Chamenei dieser Zusage aber wieder kassiert. Wie lange lassen sich die fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat und Deutschland (5+1), die mit Iran über dessen Atomprogramm verhandeln, dieses Katz-und-Maus-Spiel noch gefallen?
WESTERWELLE: Wir sollten die E3+3-Gespräche mit Iran in dieser Woche in Kasachstan nutzen, um neue Bewegung in die Verhandlungen mit Iran zu bringen. Eine politische und diplomatische Lösung ist möglich, und sie ist auch nötig, denn eine nukleare Bewaffnung des Iran wäre nicht nur eine Gefahr für die Staaten in der Region und ganz besonders Israels, sondern auch der Sicherheitsarchitektur der Welt.
Frage: Die Absage Chameneis ist keine Hypothek für die 5+1-Gespräche in dieser Woche?
WESTERWELLE: Wir müssen auch die Zwischentöne hören. Das Eingehen von Außenminister Salehi auf das amerikanische Gesprächsangebot bei der Sicherheitskonferenz in München war mir sicher willkommener als die Äußerungen Chameneis. Aber dass Iran jetzt die Tür zugeschlagen hätte, zu dieser Einschätzung kommen wir nach gründlicher Analyse nicht. Wir werden sehen, was nun möglich ist.
Frage: Wenn Sie sich die Lage in den Staaten der "Arabellion" ansehen, stellen Sie dann fest, dass aus dem arabischen Frühling inzwischen ein arabischer Winter geworden ist?
WESTERWELLE: Nein, aber arabische Jahreszeiten, denn die Lage ist von Land zu Land unterschiedlich. Jetzt muss unser gemeinsames Ziel sein, dazu beizutragen, dass aus den arabischen Jahreszeiten wieder ein arabischer Frühling wird. Europa darf sich auch angesichts mancher Rückschläge nicht von den Staaten der arabischen Welt abwenden, sondern muss sich ganz im Gegenteil ihnen zuwenden und sie unterstützen.
Frage: Der türkische Ministerpräsident Erdogan hat deutlich gemacht, dass sein Land lange Geduld mit der Europäischen Union wegen stockender Beitrittsgespräche gezeigt hat. Verschleppt die EU Beitrittsverhandlungen mit der Türkei?
WESTERWELLE: Auf beiden Seiten ist es in den vergangenen Jahren nicht rund gelaufen. Wir Europäer müssen die zugesagten Beitrittsgespräche mit der Türkei fair und respektvoll führen. Mein Eindruck ist, dass jetzt wieder Bewegung in die länger festgefahrenen Verhandlungen kommen kann, auch indem bisher einseitig blockierte Kapitel für Verhandlungen geöffnet werden. Wenn wir nicht aufpassen, dann wird der Tag kommen, an dem Europa mehr Interesse an der Türkei hat als die Türkei an Europa.
Frage: Bremst die Bundeskanzlerin Beitrittsgespräche mit Rücksicht auf die Unionsparteien, die nur eine privilegierte Partnerschaft für die Türkei wollen?
WESTERWELLE: Ich freue mich über die Reise der Bundeskanzlerin in die Türkei. Jetzt haben wir das politische Momentum, das wir für neuen Schwung in den Verhandlungen brauchen. Ich habe von Beginn an großen Wert darauf gelegt, dass die Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei fair und ergebnisoffen geführt werden. Aber auch die Türkei muss noch Hausaufgaben machen.
Frage: Was bedeutet es für Europa und den Euro, wenn bei den Parlamentswahlen in Italien wieder Kräfte aufkommen, die den Reformkurs der Regierung Monti konterkarieren wollen?
WESTERWELLE: Wir haben die klare Erwartung, dass der proeuropäische Kurs und die Reformpolitik in Italien fortgesetzt werden. Das ist auch für eine erfolgreiche Krisenbewältigung in ganz Europa wichtig.
Frage: Das EU-Mitglied Zypern braucht Milliarden für ein Rettungsprogramm seiner Banken. Die Euro-Staaten wollen ausländische Investoren, die ihr Geld bei zyprischen Banken angelegt haben, endlich an diesem Rettungsprogramm beteiligen. Könnte der Bundestag einem solchen Paket guten Gewissens zustimmen, wo doch bekannt ist, dass reiche Russen schmutziges Geld in zyprischen Banken waschen?
WESTERWELLE: Die Regeln sind für alle Euro-Länder die gleichen, auch für Zypern: Wer Solidarität in Anspruch nehmen möchte, muss bereit sein, mit Reformen und Haushaltsdisziplin den Weg zurück zu Stabilität und Wachstum zu gehen. Darüber wird mit der Troika aus Kommission, Europäischer Zentralbank und IWF verhandelt. Im Falle Zyperns gehört aus unserer Sicht eindeutig auch das Thema Bankentransparenz dazu.
Frage: Der Bundespräsident hat in seiner Europa-Rede einen wachsenden Vertrauensverlust der Menschen mit dem abstrakten Gebilde Europa beklagt. Braucht Europa eine neue Agenda?
WESTERWELLE: Lange haben wir die europäische Integration als Antwort auf Jahrhunderte der Kriege verstanden. Das bleibt richtig. Aber Europa muss sich neu begründen und in Teilen auch neu erfinden. Für mich ist klar: Europa ist unsere Wohlstandsversicherung in Zeiten der Globalisierung, die europäische Integration der richtige Weg unserer politischen, wirtschaftlichen und auch kulturellen Selbstbehauptung in einer sich dynamisch verändernden Welt des 21. Jahrhunderts. Wir stehen ein für Menschenwürde und Freiheit, Demokratie und soziale Marktwirtschaft, Rechtstaatlichkeit und kulturelle Vielfalt. Diese Werte zu verteidigen, sollte in Deutschland und in Europa Konsens über alle Parteigrenzen hinweg sein. Es kann Deutschland auf Dauer nicht gut gehen, wenn es anderen europäischen Ländern auf Dauer schlecht geht.
Frage: Deutschland stockt seinen zunächst dürftigen Beitrag für den Mali-Einsatz deutlich auf - von zunächst drei Transall-Maschinen auf nun bis zu 330 Soldaten. Warum nicht gleich so?
WESTERWELLE: Wir setzen jetzt um, was wir Stunden nach Beginn des französischen Mali-Einsatzes angekündigt haben: Wir unterstützen Frankreich bei Transport und Luftbetankung. Und wir bilden die afrikanischen Truppen aus, damit sie selbst Verantwortung im Norden Malis übernehmen können.
Frage: Verteidigungsminister Thomas de Maizière und Sie treten seit einigen Monaten demonstrativ gemeinsam auf, wenn es darum geht, deutsche Militäreinsätze zu erklären. Warum?
WESTERWELLE: Thomas de Maizière und ich arbeiten gut und vertrauensvoll zusammen. Für unsere Sicherheitspolitik ist es von großem Vorteil, wenn sich die beiden zuständigen Minister eng abstimmen. Für mich bleibt dabei die Kultur der militärischen Zurückhaltung wichtig: Auslandseinsätze der Bundeswehr sind stets ultima ratio. Sie kommen nur dann in Betracht, wenn andere Lösungen nicht gelingen.
Frage: Wenn es um die Ministeriumssitze in Bonn und Berlin geht, rückt de Maizière erkennbar von Ihnen ab. Er will so viele Dienstposten wie möglich nach Berlin holen. Wie lange ist Bonn noch zu halten?
WESTERWELLE: Die Arbeitsteilung zwischen Bonn und Berlin hat sich bewährt. Die Steuerzahler sparen dadurch Milliarden. Für die Bundesregierung bleibt es dabei, dass in einem föderalen Staatswesen nicht alle Staats- und Regierungsgewalt an einem Ort konzentriert sein muss.
Frage: Sehen Sie eine informelle Koalition, die sich in der nächsten Legislaturperiode daran wagen könnte, das Bonn/Berlin-Gesetz zu ändern?
WESTERWELLE: Die Äußerungen des SPD-Kanzlerkandidaten zu einem Umzug der Ministerien nach Berlin haben mich beunruhigt. Ich hoffe nicht, dass Peer Steinbrück den Startschuss für einen Wettlauf aller Ministerien nach Berlin geben wollte.
Frage: Also gilt das Wort der Bundeskanzlerin, wonach das Bonn/Berlin-Gesetz gilt und es auch keine Pläne gibt, daran zu rütteln?
WESTERWELLE: Die Bundesregierung hat bei allen pragmatischen Anpassungen, zu denen wir Rheinländer doch auch bereit sind, das Bonn/Berlin-Gesetz nie in Frage gestellt. Dass es auch in Berlin interessierte Stimmen gibt, die meinen, Bonn gehe es zu gut und es müsse alles nach Berlin, kann ich sachlich nicht nachvollziehen, ist aber wahr.
Frage: Der Wahlkampf steht an. Wann wollen Sie selbst einsteigen und welche Geschichte werden Sie erzählen?
WESTERWELLE: Ich werde als Spitzenkandidat der NRW-FDP ab Sommer in den Wahlkampf einsteigen. Diese Regierung hat viel erreicht. Wir haben das deutsche Staatsschiff erfolgreich durch die stürmischen Gewässer der Schuldenkrise gelenkt. Die Bundesfinanzen kommen bald ohne neue Schulden aus. Wir haben Familien und Bürger netto entlastet und in Bildung investiert. In der Außen- und Europapolitik haben wir in wahrlich schwierigen Zeiten das Ansehen Deutschlands gemehrt. Dass wir nicht alles perfekt gemacht haben, stimmt auch. Dennoch: Diese Bundesregierung hat eine sehr gute Chance, bestätigt zu werden, wenn die Bürger die Alternativen sehen.
Frage: Wenn es nach der Bundestagswahl nicht für Schwarz-Gelb und auch nicht für Rot-Grün reicht, blinkt dann die rot-gelb-grüne Ampel?
WESTERWELLE: Mich schreckt die Vorstellung, dass ohne christlich-liberale Mehrheiten die Pläne der Opposition für Steuererhöhungen und Euro-Bonds Wirklichkeit würden. Da strengen wir uns doch besser an, dass es zu solchen Konstellationen erst gar nicht kommen kann. Ich habe diese Koalition mitbegründet. Ich will ihren Erfolg. Ich bin vom Scheitel bis zur Sohle ein Anhänger von bürgerlichen Mehrheiten.
Frage: Wie lange möchten Sie noch Außenminister bleiben?
WESTERWELLE: Die Außenpolitik ist bei dieser Bundesregierung in guten Händen. Dass ich gerne Außenminister bin, muss ich nicht verschweigen. Aber sorgen Sie sich nicht um mich, sorgen Sie sich um Deutschland.

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FDP Eine Geschichte als Herausforderung.Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden. Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
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