Droht eine selbstverstärkende Deflationsspirale in der Eurozone?

Kurzfassung: Droht eine selbstverstärkende Deflationsspirale in der Eurozone?Seit Anfang 2013 unterschreitet die Inflation - gemessen am Konsumentenpreisindex (CPI) - in der Eurozone den EZB-Schwellenwert von 2 P ...
[Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel (IfW) - 04.09.2014] Droht eine selbstverstärkende Deflationsspirale in der Eurozone?

Seit Anfang 2013 unterschreitet die Inflation - gemessen am Konsumentenpreisindex (CPI) - in der Eurozone den EZB-Schwellenwert von 2 Prozent. Und seit Oktober 2013 werden sogar nur noch Inflationsraten zwischen 0,3 und 0,8 Prozent gemessen. In der Presse und der öffentlichen Debatte wird zunehmend von einer selbstverstärkenden Spirale aus Deflation und Rezession gewarnt. In ihrem neuen Kiel Policy Brief kommen Volker Wieland (Goethe-Universität Frankfurt/Main und Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung) und Maik Wolters (Institut für Weltwirtschaft) jedoch zu dem Ergebnis, dass diese Befürchtungen übertrieben sind.
Aufgrund ihrer Untersuchung der Bestimmungsgründe der Inflation in der Eurozone (Inflationserwartungen, Konjunkturindikatoren und andere Einflussfaktoren), bei der sie sich des Analyseinstruments der Phillips-Kurve bedienen, kommen Wieland und Wolters zu der Schlussfolgerung: Das Risiko eines selbstverstärkenden Deflationsprozesses ist gegenwärtig nur sehr klein. Es habe sich in der jüngsten Vergangenheit auch nicht wesentlich erhöht. Zwar dürfte die Inflation für einige Zeit weiter unter dem EZB Schwellenwert von 2 Prozent bleiben. Eine Deflations-Rezessions-Spirale drohe aber nicht.
Der Grund dafür besteht darin, dass übliche Inflationsprognosen mittels einer zeitinvarianten Phillips-Kurve den Einfluss unterausgelasteter Kapazitäten auf die Preisbildung überschätzen. Erfahrungen aus Japan zeigen hingegen, dass der Einfluss der Produktionslücke auf die Geldwertveränderungsrate im Zeitablauf abnimmt. Die Aufwertung des Euro in handelsgewichteter Betrachtung seit Sommer 2012 reflektiert eher eine Normalisierung nach einer Periode, in der viele Beobachter schon ernsthafte Zweifel an der Zukunft des Euros geäußert hatten. Seit März 2014 hat der Euro wieder um 4 Prozent abgewertet - ein Effekt, der in Zukunft zu steigenden Inflationsraten beitragen dürfte. Inflationserwartungen sind in jüngster Zeit gesunken, aber Umfragen unter Volkswirten und auch Haushaltsumfragen zeigen, dass selbst leicht negative Inflationsraten nur mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit erwartet werden.
Im Hinblick auf die jüngst - gerade im Zusammenhang mit der EZB-Sitzung am 4. September - wieder erhobenen Forderung nach einer weiteren geldpolitischen Lockerung sagen Wieland und Wolters: "Soweit dahinter die Furcht vor einer selbstverstärkenden Deflation steht, wird die Forderung von unseren empirischen Ergebnissen nicht untermauert."
Mehr noch, die EZB hat ihren Refinanzierungszinssatz im Juni auf 15 Basispunkte gesenkt und einen negativen Einlagenzins eingeführt. Darüber hinaus hat sie langfristige Refinanzierungsoperationen ab September 2014 angekündigt, die Banken zusätzliche Liquidität für vier Jahre zu attraktiven Zinsen bieten sollen. "Da die EZB erwartet, dass davon eine deutliche monetäre Expansion ausgeht, sollte sie die Wirkung ihrer bereits beschlossenen Maßnahmen abwarten, bevor sie neue Programme auflegt", so Wieland und Wolters weiter. Darüber hinaus wartet man in der Eurozone auf die Ergebnisse des umfassenden Bankenstresstests. Dieser Test wird die Transparenz erhöhen, die notwendigen Maßnahmen zu einer Restrukturierung, Liquidation oder Rekapitalisierung schwacher Banken einleiten und Engpässe im Kreditangebot beseitigen, die eine Erholung in der Eurozone verlangsamen könnten.

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