Mütterrente stärkt vor allem kleine und mittlere Einkommen - Aber ein Großteil der rund 300.000 Rentnerinnen in der Grundsicherung geht leer aus

Kurzfassung: Mütterrente stärkt vor allem kleine und mittlere Einkommen - Aber ein Großteil der rund 300.000 Rentnerinnen in der Grundsicherung geht leer aus DIW Berlin und das MEA untersuchen Kosten und Vertei ...
[Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin - 14.05.2014] Mütterrente stärkt vor allem kleine und mittlere Einkommen - Aber ein Großteil der rund 300.000 Rentnerinnen in der Grundsicherung geht leer aus

DIW Berlin und das MEA untersuchen Kosten und Verteilungswirkungen der Mütterrente - Einkommenswirkung progressiv, Finanzierung belastet aber Kinderlose und Beitragszahler auch mit kleinen und mittleren Einkommen - Insgesamt sinkt das Bruttorentenniveau bis 2018 um 0,4 Prozentpunkte, Beitragssatz steigt um 0,3 Prozentpunkte
Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und des Munich Center for the Economics of Aging (MEA) stellen der geplanten Mütterrente ein gemischtes Zeugnis aus. Unmittelbar wirke die Mütterrente zwar progressiv auf die Haushaltseinkommen, begünstige also Anspruchsberechtigte mit kleinen und mittleren Renten prozentual stärker als solche mit hohen Haushaltseinkommen, vermindere damit die Einkommensungleichheit und reduziere das Risiko der Altersarmut. Allerdings gelte dies so nicht für die rund 294.000 Rentnerinnen, die derzeit die Grundsicherung im Alter beziehen. Da die Rentenerhöhung voll auf die Grundsicherung angerechnet wird, werde ein Großteil von ihnen nicht profitieren. Bezahlen müssen die Reform den Wissenschaftlern zufolge die Kinderlosen und die Rentenbeitragszahler - auch in den unteren Einkommensklassen. Insgesamt werde das Bruttorentenniveau allein durch die Mütterrente bis 2018 um durchschnittlich 0,4 Prozentpunkte sinken, der Beitragssatz im gleichen Zeitraum um 0,3 Prozentpunkte steigen. Bis 2035 werde das Rentenniveau durchschnittlich 0,3 Prozentpunkte niedriger liegen, der Beitragssatz um 0,16 Prozentpunkte höher.
Mit offiziell geschätzten Zusatzkosten von 6,7 Milliarden Euro ist die Mütterrente der teuerste Teil des von der Großen Koalition geplanten Rentenpaketes. Durch die Reform sollen Eltern für jedes vor 1992 geborene Kind einen zusätzlichen Entgeltpunkt erhalten. Nach derzeitiger Rechtslage bedeutet dies eine Rentenerhöhung von 28,61 Euro im Westen und 26,39 im Osten pro Kind und Monat. Mit Hilfe von Simulationsmodellen haben die Experten des DIW Berlin und MEA, Stefan Bach, Michela Coppola, Hermann Buslei, Peter Haan und Johannes Rausch, die kurz- und langfristigen Verteilungswirkungen der Mütterrente untersucht. Dabei wurden verschiedene Modelle kombiniert, um nicht nur die direkten, sondern auch die indirekten Verteilungswirkungen abzuschätzen, die durch die notwendigen Anpassungen des Rentenbeitrags und des Rentenniveaus entstehen. Um die Auswirkungen auf die verschiedenen Einkommensgrößen vergleichen zu können, wurden zehn gleich große Einkommensklassen gebildet, sogenannte Dezile.
Prozentual profitieren Anspruchsberechtigte mit kleinen Einkommen stärker
Von den eingeplanten Kosten von 6,7 Milliarden Euro verbleiben den Wissenschaftlern zufolge nur etwa 5,3 Milliarden bei den Rentenempfängern. Der Rest fließe über höhere Steuern und Sozialbeträge oder eingesparte Transferzahlungen wieder an den Staat zurück. Über alle Haushalte hinweg betrachtet wirkt die Mütterrente zunächst progressiv: In den untersten Dezilen steigt das Einkommen durchschnittlich um knapp 5 Prozent, im obersten im Mittel nur um knapp ein Prozent. Im Schnitt erhöhen sich die Einkommen der begünstigten Rentner-Haushalte um 2,7 Prozent. Gar nicht oder nur in eingeschränktem Maße profitieren allerdings Rentnerinnen, die Grundsicherung beziehen oder durch die Rentenerhöhung aus der Grundsicherung herauswachsen. Derzeit erhalten etwas mehr als drei Prozent aller Frauen im Alter ab 65 Jahren Grundsicherung. "Der größte Teil von ihnen wird gar nicht profitieren", so die Experten.
Durch die Finanzierung sinken die hohen Einkommen
Werden nicht nur die direkten Einkommenswirkungen, sondern auch die Verteilungswirkungen der Finanzierung berücksichtigt, so zeigt sich, dass die hohen Einkommen in der Gruppe aller Haushalte ebenso wie in der Gruppe aller Rentnerhaushalte leicht sinken. Zur Finanzierung der Reform müssen der Beitragssatz steigen und das Rentenniveau sinken. Dadurch reduziert sich der gesamte Einkommenseffekt über alle Haushalte, einschließlich der Erwerbstätigen, auf 1,6 Milliarden Euro. So fallen auch die Einkommenseffekte für alle Privathaushalte deutlich niedriger aus als bei alleiniger Betrachtung der Rentenerhöhung. Der höhere Beitragssatz lässt die Einkommen in den oberen Dezilen leicht sinken. In den unteren Dezilen dominiert der Einkommenseffekt durch die Rentenerhöhung: Die Einkommen steigen im Durchschnitt zwischen einem und 0,1 Prozent. In den obersten vier Dezilen sinken die Einkommen leicht zwischen 0,05 und 0,1 Prozent.
Belastet werden Beitragszahler und Kinderlose
Von der Rentenerhöhung profitieren allerdings nur die Anspruchsberechtigten - also Rentner mit Erziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder. Ihre Rentengewinne werden durch den Rückgang des Rentenniveaus etwas geschmälert. In den beiden untersten Dezilen steigen die Nettoeinkommen der Begünstigten um über vier Prozent, im obersten Dezil dagegen nur um 0,2 Prozent. "Bezahlen müssen die Reform die Rentenbeitragszahler, also die rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer sowie die gesetzlich oder freiwillig versicherten Selbstständigen, auch die mit den geringen Einkommen", erläutern die Wissenschaftler. "Belastet werden auch die übrigen Rentner, die keine Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder haben. Ihr Nettoeinkommen wird in den nächsten Jahren um durchschnittlich 0,8 Prozent sinken, soweit sie keine Grundsicherungsleistungen beziehen." Auch die rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer verlieren in geringem Umfang durch die Beitragssatzerhöhung. "Die negativen Wirkungen für die Arbeitnehmer könnten allerdings noch stärker ausfallen - etwa weil sich durch den höheren Arbeitgeberanteil kleinere Spielräume für Lohnerhöhungen ergeben oder es zu Arbeitsplatzverlusten in geringem Umfang kommt", so die Wissenschaftler.

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