29.11.2011 22:55 Uhr in Wirtschaft & Finanzen von ECOSTAMP

Boom nachhaltiger Geldanlagen hält an

Boom nachhaltiger Geldanlagen hält an
Kurzfassung: 57 Milliarden Euro liegen in Deutschland in nachhaltig ausgerichteten Anlageprodukten - auch mehr und mehr Institutionelle greifen zu.
[ECOSTAMP - 29.11.2011] Der jüngst vom Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) veröffentlichte "Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen 2011 - Deutschland, Österreich und die Schweiz" belegt erneut das wachsende Interesse an diesem ethischen Investitionsfokus. Zum fünften Mal analysierte der 160 Mitglieder starke Verband den Markt im deutschsprachigen Raum. Die neue Studie nimmt erstmals auch nachhaltig orientierte Kirchen-, Entwicklungs- und Spezialbanken sowie geschlossene Fonds in den Blick. Zusammen mit Publikumsfonds, Mandaten und sonstigen Geldanlagen verwalteten sie 2010 in den drei untersuchten Ländern 94,5 Milliarden Euro, davon 57 Milliarden in Deutschland.

Das auch in den Vorjahren quantifizierte Segment der Publikumsfonds, Mandate und sonstigen Geldanlagen weist mit jeweils 23 Prozent in Deutschland und der Schweiz sowie 17 Prozent in Österreich beachtliche Wachstumsraten auf. Die gehen wesentlich auf das steigende Interesse institutioneller Investoren zurück. Deren Anteil kletterte in Deutschland von 55 Prozent im Vorjahr auf 77 Prozent 2010. Auf 15,9 Milliarden Euro Volumen kam das Segment 2010 in Deutschland, was einem Anteil von 0,9 Prozent am Gesamtmarkt entspricht (Vorjahr: 0,8 Prozent). Da bleibt noch Luft nach oben, wie auch der FNG-Vorstandsvorsitzende Volker Weber weiß: "Die Summe von 94,5 Milliarden Euro nachhaltig angelegter Gelder bietet allen Anlass zur Freude. Jedoch wissen wir, dass wir uns damit keinesfalls zufrieden geben dürfen. Das Ziel einer nachhaltig ausgerichteten Wirtschaft erfordert es, dieses Wachstum weiter voranzutreiben und gleichzeitig weitere qualitative Impulse zu setzen."

Vergleicht man die deutschen Zahlen im Bereich Publikumsfonds, Mandate und sonstige Geldanlagen mit den eidgenössischen, so ist man fast geneigt, die Deutschen für Nachhaltigkeitsmuffel zu halten. Immerhin stehen deren 15,9 Milliarden Euro satte 33,6 Milliarden auf Schweizer Seite gegenüber. Der Eindruck relativiert sich aber, wenn man weitere nachhaltige Anlageformen in die Betrachtung einbezieht - wie es der Marktbericht nun auch tut. "Vor allem mit Blick auf den nachhaltigen Anlagemarkt in Deutschland war es wichtig, auch die Kundeneinlagen sowie die nachhaltigen geschlossenen Fonds gezielt zu erfassen", begründet FNG-Geschäftsführerin Claudia Tober. "Die Spezialbanken mit Nachhaltigkeitsfokus und die nachhaltigen geschlossenen Fonds sind sehr bedeutende Marktsegmente. Im Bereich der geschlossenen Fonds in Deutschland beispielsweise beträgt der Nachhaltigkeitsanteil am gesamten Marktvolumen 17 Prozent." Die Studie beziffert das Einlagenvolumen bei Spezialbanken in Deutschland auf 38,9 Milliarden Euro, wohingegen für die Schweiz unter der Rubrik weniger als eine Milliarde Euro verzeichnet wird. Hier zeigen sich also unterschiedliche Anlagekulturen.

Gemeinsam ist ihnen, dass die befragten Branchenvertreter das Segment nachhaltiger Geldanlagen weiterhin im Aufwind sehen. Nachhaltigkeit ist schließlich in und verkauft sich gut. Doch das birgt auch eine Gefahr. "Vom ‚Plastikwort‘ Nachhaltigkeit ist die Rede und davon, dass die Nachhaltigkeitsdiskussion an zu viel Beliebigkeit krankt. Auch der Vorwurf des Greenwashing steht vielerorts im Raum", so umreißt sie FNG-Chef Weber. Da es sich bei Nachhaltigkeit um einen Gummibegriff handelt, schreiben ihn sich unterschiedlichste Marktteilnehmer nach unterschiedlichsten Kriterien auf die Fahnen. Den einen reicht es, nicht an Rüstungsgütern zu verdienen, andere legen Wert auf sozial- und/oder umweltverträgliche Produktionsbedingungen, wieder andere auf Kompatibilität mit christlichen Leitlinien. Bei der ECOSTAMP-Umfrage hat gerade deshalb jede und jeder die Möglichkeit über Leitlinien und Nachhaltigkeitskriterien abzustimmen. Daraus könnten sich künftig gewisse Standards für nachhaltige Geldanlage ableiten und damit ein Ende des Greenwashings besiegeln lassen.
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