31.10.2014 13:19 Uhr in Kultur & Kunst von Universität Bielefeld

Der beste Sinnesweg, um eine Tanzfolge zu lernen

Kurzfassung: Der beste Sinnesweg, um eine Tanzfolge zu lernen"In Forschung und Tanzpraxis wird seit Langem davon ausgegangen, dass Bewegungsmuster am besten durch Beobachtung gelernt werden können. Wir wollten kl ...
[Universität Bielefeld - 31.10.2014] Der beste Sinnesweg, um eine Tanzfolge zu lernen
"In Forschung und Tanzpraxis wird seit Langem davon ausgegangen, dass Bewegungsmuster am besten durch Beobachtung gelernt werden können. Wir wollten klären, ob das tatsächlich der Fall ist", sagt Dr. Bettina Bläsing von der Universität Bielefeld. Sie gehört zu den Verfassern des Artikels und arbeitet in der Forschungsgruppe "Neurokognition und Bewegung - Biomechanik" der Fakultät für Sportwissenschaften und Psychologie. Die Gruppe ist auch am Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC) der Universität beteiligt.
In der Studie wurde scharf getrennt zwischen dem Beobachtungslernen anhand einer vorgemachten Tanzfolge und dem Lernen durch eine mündliche Anweisung. Für ein Experiment kamen 18 Tanzstudentinnen und -studenten der Palucca Hochschule in Dresden ins Bewegungslabor des CITEC-Gebäudes. Dort lernte jede Versuchsperson zwei Tanzfolgen - einmal zunächst durch Anschauen und einmal durch Hören.
Zuerst wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein Video gezeigt, in dem die Abfolge (Phrase) vorgetanzt wird, ohne dass sie erläutert wird. Sie durften sich das Video bis zu fünf Mal anschauen, durften proben und mussten dann die Phrase vorführen. Ihre Vorführung wurde auf Video aufgezeichnet. Danach hörten sie zweimal die mündliche Anweisung zur gleichen Phrase und tanzten wieder vor, wie gut sie die Abfolge gelernt hatten. Auch das wurde aufgezeichnet.
Im zweiten Teil des Experiments änderte sich die Anordnung. Die Versuchspersonen lernten eine weitere, neue Phrase. Diesmal erhielten sie aber zuerst die mündliche Anweisung, die sie fünf Mal anhören durften, um sie nach kurzer Probe selbst vorzuführen. Danach durften sie sich ein Video anschauen, in dem die Phrase vorgemacht wird. Das Video wurde nur zwei Mal wiederholt, bevor die Versuchspersonen die Tanzfolge erneut präsentierten.
Zehn Tage nach dem Experiment in Bielefeld - die Tanzstudierenden waren längst wieder in Dresden - wurden sie ohne Vorwarnung aufgefordert, die beiden Phrasen vorzutanzen. "Wir wollten wissen, wie gut sie die Bewegungsmuster dauerhaft behalten konnten", erklärt Bläsing. Auch diese Vorführung wurde per Video aufgezeichnet. In der Auswertung der Aufnahmen prüften die Forscher, wie komplett die Tänzer die jeweilige Phrase getanzt haben. Das Ergebnis: Wenn eine Tanzfolge vor allem über das Sehen eingeprägt wurde, konnte sie auch nach längerer Zeit besser wiedergegeben werden als wenn sie hauptsächlich über das Hören vermittelt wurde. "Beobachtungslernen funktioniert also tatsächlich besser als Lernen durch bloße Instruktion", sagt Bettina Bläsing.
Anhand der Aufnahmen untersuchten die Wissenschaftler darüber hinaus: Beeinflusst die Art, wie die Tanzphrase vermittelt wird, wie "sauber" diese getanzt wird? Dafür bewerteten zwei Tanzlehrer die Vorführungen der Testpersonen und schauten, ob diese mit den Vorgaben übereinstimmten. "Hier zeigte sich, dass die Studierenden vom visuellen Modell besser gelernt haben", sagt Bläsing.
Eine schriftliche Befragung der Testpersonen belegte außerdem, dass ihnen eine visuell gelernte Phrase besser gefällt und dass sie sich in der Ausführung sicherer fühlen, wenn sie eine Abfolge vor allem durch Beobachtung gelernt haben.
Für das Projekt kooperierten Dr. Bettina Bläsing und ihre Mitarbeiter mit Jenny Coogan und José Biondi, beide Professoren für Zeitgenössischen Tanz an der Palucca Hochschule für Tanz Dresden. Gemeinsam entwickelten sie die Idee für das Forschungsprojekt, konzipierten das Studiendesign und organisierten das Experiment, um Daten zu erheben. Für ihre Studie mussten sie grundlegende Fragen - "Wie definiert man Lernen?" oder "Was ist Lernerfolg?" - erst einmal aushandeln, um eine Lösung zu finden, die für Tänzer akzeptabel und zugleich wissenschaftlich messbar ist. Der Verein Tanzmedizin Deutschland (tamed) dokumentierte den Forschungsprozess in einem Blog mit Videos und Artikeln.
Seinen Ursprung hat das Projekt in der Forschungsinitiative "Dance Engaging Science". Diese Initiative ist wiederum Teil des Projekts "Motion Bank" des weltweit bekannten Tanztheaters The Forsythe Company in Frankfurt am Main. "Motion Bank" zielt darauf ab, die choreografische Praxis in einem breiten Kontext zu erforschen. Im "Dance Engaging Science"-Netzwerk kamen Tänzer und Forscher verschiedener Disziplinen zusammen, um interdisziplinäre Forschung rund um Tanz zu initiieren. Daraus gingen mehrere Pilotprojekte hervor. Eines ist das Forschungsprojekt zum Bewegungslernen im Tanz.
In einem Tagungsartikel stellen Bettina Bläsing und weitere Projektmitarbeiter die Methode und die Ergebnisse ihrer Studie vor. In einem Wettbewerb um die beste Forschungsveröffentlichung auf der Konferenz der Gesellschaft für Kognitionswissenschaft (KogWis2014) setzten sich die Autoren Anfang Oktober durch und wurden mit dem ersten Preis geehrt.
Originalveröffentlichung:
Bettina Bläsing, Jenny Coogan, José Biondi, Liane Simmel, Thomas Schack: Motor learning in dance using different modalities: visual vs. verbal models. Cognitive Processing, http://dx.doi.org/10.1007/s10339-014-0632-2, erschienen im September 2014
Kontakt:
Dr. Bettina Bläsing,
Universität Bielefeld
Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft
Telefon: 0521 106-5137
E-Mail: bettina.blaesing@uni-bielefeld.de

Universität Bielefeld
Universitätsstraße 25
33615 Bielefeld
Deutschland
Telefon: (0521) 106-00
Telefax: (0521) 106-2964
Mail: post@uni-bielefeld.de
URL: http://www.uni-bielefeld.de
Weitere Informationen
Universität Bielefeld
Die Universität Bielefeld wurde 1969 mit explizitem Forschungsauftrag und hohem Anspruch an die Qualität einer forschungsorientierten Lehre gegründet. Heute umfasst sie 13 Fakultäten, die ein differenziertes Fächerspektrum in den Geistes-, Natur-, Sozial- und Technikwissenschaften abdecken. Mit knapp 20.000 Studierenden in 107 Studienangeboten, rund 4.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter ca. 1.700 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, gehört sie zu den mittelgroßen Universitäten in Deutschland.
Universität Bielefeld,
, 33615 Bielefeld, Deutschland
Tel.: (0521) 106-00; http://www.uni-bielefeld.de
Weitere Meldungen dieses Unternehmens
Erfolgreiche Pressearbeit eBook
Pressearbeit
Eine Pflichtlektüre für mehr Sichtbarkeit durch Pressemitteilungen.
Pressekontakt

Universität Bielefeld

33615 Bielefeld
Deutschland

E-Mail:
Web:
Tel:
(0521) 106-00
Fax:
(0521) 106-2964
Drucken Weiterempfehlen PDF
Schlagworte
Permanentlinks https://www.prmaximus.de/116156

https://www.prmaximus.de/pressefach/universität-bielefeld-pressefach.html
Die Pressemeldung "Der beste Sinnesweg, um eine Tanzfolge zu lernen" unterliegt dem Urheberrecht. Jegliche Verwendung dieses Textes, auch auszugsweise, erfordert die vorherige schriftliche Erlaubnis des Autors. Autor der Pressemeldung "Der beste Sinnesweg, um eine Tanzfolge zu lernen" ist Universität Bielefeld, vertreten durch .