Ein Transistorverstärker für einzelne Lichtquanten

Kurzfassung: Ein Transistorverstärker für einzelne LichtquantenÜber große Entfernungen werden Daten heute üblicherweise mit Hilfe von Licht in Glasfaserkabeln transportiert. Dies ermöglicht hohe Übertragung ...
[Max-Planck-Institut für Quantenoptik - 28.07.2014] Ein Transistorverstärker für einzelne Lichtquanten
Über große Entfernungen werden Daten heute üblicherweise mit Hilfe von Licht in Glasfaserkabeln transportiert. Dies ermöglicht hohe Übertragungsgeschwindigkeiten bei einem gleichzeitig geringen Verlust an Leistung. Seit langem wird daran gearbeitet, auch die Verarbeitung der Daten rein optisch zu gestalten, mit optischen Transistoren und optischen Logikgattern. Vor allem für die Übertragung von Quanteninformation ist dies von großem Interesse, denn hier werden die Informationen oft in schwachen Lichtpulsen, im Grenzfall einem einzigen Photon, gespeichert. Einem Team um Prof. Gerhard Rempe, Leiter der Abteilung Quantendynamik und Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik, ist es nun gelungen, mit einer ultrakalten Wolke aus Rubidium-Atomen einen optischen Transistor zu realisieren, der Signaländerungen von nur einem Lichtquant auf das 20fache verstärkt (PRL, 28. Juli 2014).
Der Grad der Verstärkung ist das entscheidende Leistungsmerkmal eines klassischen Transistors. Er gibt an, wie stark sich Änderungen eines Eingangssignals auf das Ausgangssignal auswirken; eine nennenswerte Verstärkung ist die Voraussetzung dafür, das Ausgangssignal ohne Signalabschwächung auf mehrere Transistoren zu verteilen und so komplexe digitale Schaltkreise aufzubauen.
Bei einem optischen Transistor ist das Eingangssignal ein Lichtpuls, der sogenannte Gatter-Puls, der die Durchlässigkeit eines "Mediums" für einen zweiten sogenannten Target-Puls bestimmt. Dieses Medium wird in dem hier beschriebenen Experiment durch eine Wolke aus rund 150 000 Rubidium-Atomen dargestellt, die in einer aus zwei Laserstrahlen gebildeten Dipolfalle bei einer Temperatur von ca. 0,30 Mikrokelvin (das ist dicht oberhalb des absoluten Temperaturnullpunktes, Null Kelvin entspricht minus 273 Grad Celsius) mehrere Sekunden lang festgehalten werden kann. Der Effekt der Elektromagnetisch Induzierten Transparenz (EIT), bei der ein Kontrolllaser die Wechselwirkung mit dem schwachen Lichtpuls steuert, macht die atomare Wolke für Lichtpulse bestimmter Frequenzen durchlässig.
Die atomare Wolke wird nun mit zwei Lichtpulsen gleicher Farbe (795 nm) bestrahlt, die in einem Abstand von zwei Mikrosekunden aufeinander folgen. Der erste Lichtpuls - der sogenannte Gatter-Puls - ist extrem schwach und enthält im Mittel weniger als ein Photon. Zusammen mit dem Kontrolllaser versetzt er ein Atom in einen hochangeregten Rydberg-Zustand, bei dem ein Elektron sehr weit vom Atomkern entfernt ist. Diese einzelne Anregung hat eine weitreichende Wirkung: Allein durch die Gegenwart des Rydberg-Atoms verschieben sich die entsprechenden Energieniveaus aller anderen Atome in dem Quantengas. Der zweite Lichtpuls, der weit intensiver als der - in Form einer Rydberg-Anregung gespeicherte - Gatter-Puls ist, hat nun für die Atome nicht mehr die passende Farbe und wird daher von den Atomen abgeblockt.
Dass sich die Lichtdurchlässigkeit einer Wolke aus Rubidium-Atomen mit einzelnen Photonen ein- und ausschalten lässt, hat das Team von Prof. Rempe bereits vor einigen Monaten demonstriert (PRL, 18.2.2014), doch ließ sich der Effekt damals nur unter einigen Einschränkungen hinsichtlich Dauer und Intensität des Target-Pulses erzielen.
"Die entscheidende Neuerung bei diesem Experiment war, dass der Kontrolllaser des Target-Pulses eine andere Wellenlänge hat als der Gatter-Kontrolllaser", führt Dr. Stephan Dürr, leitender Wissenschaftler am Experiment, aus. "So verhindern wir, dass der Target-Puls an den Gatter-Puls koppeln und diesen auslesen kann, selbst bei relativ langen Pulsdauern." Eine weitere Änderung bestand darin, die Rydberg-Zustände gezielt so auszuwählen, dass eine Förster-Resonanz auftritt, bei der Anregungsenergie strahlungslos und sehr effizient zwischen benachbarten Atomen übertragen werden kann. "Die Förster-Resonanz verstärkt den Effekt der Rydberg-Blockade, die ja Ursache für das Abstoppen des Target-Pulses ist", erklärt Daniel Tiarks, Doktorand am Experiment. "Darüber hinaus ist bei den hier gewählten Hauptquantenzahlen für die Rydberg-Zustände auch die Selbstblockade der Photonen in dem Target-Puls kleiner als in unserem früheren Experiment. Mit all diesen Maßnahmen konnten wir die Dauer der Target-Pulse um zwei Größenordnungen, auf rund 200 Mikrosekunden steigern."
Durch Vergleich der Intensitäten der ausgelesenen Target-Pulse mit und ohne voraus gegangenem Gatter-Puls (aus nur einem Photon) konnte die jeweils erfolgte Reduzierung des Target-Signals bestimmt werden. "Bei der Förster-Resonanz können wir eine Abschwächung des Signals um 20 Photonen, also eine Verstärkung von 20 beobachten", erläutert Stephan Dürr. "Dies ermöglicht es, - zumindest im Prinzip - solche Transistoren zu kaskadieren und damit komplizierte Rechenaufgaben auszuführen. Darüber hinaus konnten wir bereits jetzt experimentell zeigen, dass wir wegen der hohen Verstärkung im Stande sind, schon mit einem einzigen Schuss nachzuweisen, ob in der atomaren Wolke eine Rydberg-Anregung abgespeichert ist, und zwar ohne sie zu zerstören." Olivia Meyer-Streng
Abb.: Durch Anregung eines Rydberg-Zustandes in einer Wolke aus ultrakalten Rubidium-Atomen reduziert ein einzelnes Photon (roter Wellenzug) die Transmission eines Laserpulses um 20 Lichtquanten. (Foto: MPQ, Abteilung Quantendynamik)
Originalveröffentlichung:
Daniel Tiarks, Simon Baur, Katharina Schneider, Stephan Dürr and Gerhard Rempe
Single-Photon Transistor using a Förster-Resonance
Physical Review Letters, 28 July 2014

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Dr. Olivia Meyer-Streng
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Im Fokus der wissenschaftlichen Aktivitäten des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik steht die Wechselwirkung von Licht und Materie unter extremen Bedingungen. Dabei ist ein Schwerpunkt die hochpräzise Messung der Spektrallinien des Wasserstoffatoms. Hierfür wurde die Frequenzkammtechnik entwickelt, für die Prof. T.W. Hänsch 2005 den Nobelpreis für Physik erhielt. Andere Experimente zielen darauf, einzelne Photonen und einzelne Atome einzufangen und ihre Wechselwirkung miteinander zu kontrollieren und legen damit den Grundstein für zukünftige Quantencomputer. Gleichzeitig entwickeln Theoretiker am MPQ Konzepte, die auf Quantenbits gespeicherten Informationen möglichst effektiv zu übertragen. Mit den dabei entwickelten Algorithmen lassen sich geheime Nachrichten sicher verschlüsseln. Ferner werden am MPQ die bizarren Eigenschaften untersucht, die quantenmechanische Vielteilchensysteme bei extrem tiefen Temperaturen (etwa ein Millionstel Kelvin über dem absoluten Nullpunkt) annehmen können. Und schließlich werden Lichtblitze mit der unvorstellbar kurzen Dauer von einigen hundert Attosekunden (ein Milliardstel von einer Milliardstel Sekunde) erzeugt, die es z. B. ermöglichen, quantenmechanische Prozesse wie das „Tunneln von Elektronen oder atomare Übergänge in Echtzeit zu beobachten.
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