[Die Linke. im Bundestag - 07.11.2012] Wolfgang Neskovic: Das Strafgesetzbuch ist kein Handelsgesetzbuch
Das Strafgesetzbuch ist kein Handelsgesetzbuch
"Beim 'Deal' wird die Wahrheit vor Gericht nicht mehr ermittelt, sondern
zwischen den Beteiligten ausgehandelt. Das ist eines Rechtsstaates unwürdig.
Das Bundesverfassungsgericht sollte daher die Gelegenheit nutzen, um diese
Praxis zu beenden", erklärt Wolfgang Neskovic, Justiziar und
Vorstandsmitglied der Fraktion DIE LINKE, anlässlich der heutigen
Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts zum "Deal" im Strafrecht. Neskovic
weiter:
"Der Deal dient nicht der Wahrheitssuche, sondern ausschließlich der
Arbeitserleichterung. Es gibt ihn nur, weil die Gerichte mit komplizierten
und langwierigen Prozessen überfordert sind. Die überlastete Justiz
profitiert von einem kurzen Verfahren, während der Angeklagte als
Gegenleistung die von ihm für vertretbar gehaltene Strafe erhält. Wahrheit
und Gerechtigkeit bleiben dabei auf der Strecke.
Hinzu kommt, dass ein solcher Deal finanziell Bessergestellte bevorzugt und
zu einem Zweiklassenstrafrecht führt. Der Reiche kann sich teure Anwälte
leisten, die mit dem Gericht verhandeln, der Hartz-IV-Empfänger nicht. Der
Deal muss daher gesetzlich verboten werden. Die Gerichte müssen stattdessen
personell so ausgestattet werden, dass sie auch komplizierte und langwierige
Wirtschafts- und Steuerstrafverfahren ohne Deals führen können.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun die Möglichkeit, die grundsätzliche
Verfassungswidrigkeit des Dealens zu erkennen und den unwürdigen Handel mit
der Gerechtigkeit zu beenden. Denn das Strafgesetzbuch ist kein
Handelsgesetzbuch, und die Gerichtssäle sind keine Markthallen."
F.d.R. Susanne Müller
Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
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