Rio+20: Bittere Wahrheiten am Zuckerhut

  • Pressemitteilung der Firma WWF - World Wide Fund For Nature, 22.06.2012
Pressemitteilung vom: 22.06.2012 von der Firma WWF - World Wide Fund For Nature aus Frankfurt

Kurzfassung: WWF: Flügellahme EU mit Glaubwürdigkeits- und Strategieproblemen Rio de Janeiro/Berlin - "Die Besteigung des Rio+20-Gipfels in Brasilien endet im Basislager", so das ernüchternde Fazit des WWF Deutschland vor dem letzten Verhandlungstag, an dem ...

[WWF - World Wide Fund For Nature - 22.06.2012] Rio+20: Bittere Wahrheiten am Zuckerhut


WWF: Flügellahme EU mit Glaubwürdigkeits- und Strategieproblemen

Rio de Janeiro/Berlin - "Die Besteigung des Rio+20-Gipfels in Brasilien endet im Basislager", so das ernüchternde Fazit des WWF Deutschland vor dem letzten Verhandlungstag, an dem keine Durchbrüche mehr zu erwarten sind. "Das Ergebnis ist Lichtjahre entfernt von dem, was die Erde und die Menschheit braucht", so Alois Vedder, der für den WWF Deutschland am Gipfel teilnimmt. Offenbar sei derzeit auf UN-Ebene nicht mehr möglich.

Insbesondere die EU verliere bei den internationalen Verhandlungen immer mehr an Bedeutung und müsse sich wegen des veränderten globalen Machtgefüges strategisch neu orientieren. Die Europäer haben in den Vorverhandlungen noch einige positive Akzente etwa zum Schutz der Meere, zum Abbau umweltzerstörerischer Subventionen oder zu den Nachhaltigkeitszielen eingebracht. Im Abschlussdokument sei davon aber kaum etwas übriggeblieben.

"Der Bedeutungsverlust ist auch auf einen Mangel an Glaubwürdigkeit zurückzuführen", so die WWF-Analyse. Solange es bei Lippenbekenntnissen zu Nachhaltigkeit bleibe, während etwa bei der Agrarreform oder bei einer Reform der europäischen Fischerei entgegengesetzte Tatsachen geschaffen würden, werde man international nicht ernst genommen, wenn man eine Grüne Wirtschaftsweise einfordere. Im Gegenteil: Das Beharren auf Subventionen für die EU-Landwirtschaft in der EU stellte sich als Schwachstelle bei der Diskussion um das Auslaufen von Subventionen für fossile Energien heraus.

Der WWF fordert von der Bundesregierung eine spürbare Kursänderung bei den EU-Reformen. Insbesondere Ilse Aigner stehe in der Verantwortung. Die Landwirtschaftsministerin klammere sich an die milliardenschwere Subventionierung des Agrarsektors, ohne die Finanzierung aus Steuergeldern an Nachhaltigkeitsstandards zu koppeln. "Eine solche Politik ist ein Anachronismus und international im 21 Jahrhundert nicht mehr vorzeigbar," so die Bewertung von Alois Vedder. Auch bei der Fischereipolitik müsse Deutschland aus der Deckung kommen und sich aktiver für eine Wende zu einer nachhaltigen Fischerei einsetzen.

Als ein bedeutender Schwachpunkt der EU und anderer Industrieländer stellte sich der zu geringe Ehrgeiz beim Klimaschutz heraus, der besonders von den Entwicklungsländern scharf kritisiert wird und sie bei eigenen Verpflichtungen zögern lässt. Dass die EU sich nicht endlich auf das klar erreichbare Ziel einer Reduzierung der Treibhausgasemissionen von 30 Prozent im Vergleich zu 1990 festlege, sei ein Angriffspunkt, der ihren Führungsanspruch bei der Nachhaltigkeit torpediert.

Den neuen Umweltminister und Europaexperten Peter Altmaier fordert der WWF auf, bei den EU-Reformen mehr Flagge zeigen zu zeigen als sein Vorgänger. Ansonsten könne man zum Beispiel die bereits beschlossenen EU-Ziele zum Erhalt der biologischen Vielfalt gleich abschreiben.

WWF Kurzbewertung der Ergebnisse Green Economy:

Positiv: Es gibt nun ein gemeinsames positives Verständnis von Green Economy Negativ: Eine " Green Economy Roadmap", wie von der EU vorgeschlagen, die den Prozess verbindlicher machen sollte, hatte keine Chance Institutionen für Nachhaltigkeit:

Die UNEP wird nicht zur UN-Agentur, aber erste Schritte, die in diese Richtung führen können, wurden beschlossen. Die Aufwertung der Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD) zum einflussreicheren globalen Nachhaltigkeitsrat ist gescheitert, sie wurde nur zu einem "Forum" aufgewertet.

Indikatoren für Wohlstand, die über das Bruttoinlandsprodukt hinausgehen:

Negativ: Das Dokument wirft den Prozess auf den Stand von 1992 zurück. Außer der grundsätzlichen Feststellung, dass Wachstum zur nachhaltigen Entwicklung beitragen muss, ist nichts Greifbares beschlossen worden Nachhaltige Entwicklungsziele (SDGs):

Negativ: Es wurden keine Ziele verabschiedet. Man einigte sich lediglich auf den Prozess, SDGs zu entwickeln und zu beschließen Positiv: SDGs sollen bis 2015 in Millennium-Entwicklungsziele integriert werden, um deren Zielstellungen und –erfüllungen nicht zu unterminieren. Wichtig ist die Festlegung, dass Ziele mit Indikatoren versehen werden sollen. Einige gute Prinzipien für SDGs im Text, wurden geschwächt durch das Wort "anzustreben".

Energie:

Negativ: Der Text ist schwach und legt sich nicht fest. Zum angestrebten "Energiezugang für alle" wird nur der Start einer Initiative bestätigt. Es fehlt eine Jahreszahl, wann das Ziel erreicht werden soll. Nicht einmal der Ausbau Erneuerbarer Energien wird thematisiert. Was "Sustainable Modern Energies" sind , wird der individuellen Definition überlassen.

Subventionen für fossile Energien:

Der Paragraf zum Auslaufen wurde in letzter Minute aus dem Energieteil gekippt und in stark abgeschwächter Form sehr allgemein (Einschränkung auf "ineffiziente" Subventionen ohne Erklärung was das sein soll und ohne Zeitlimit) unter "Consumption and Production" untergebracht.

Wasser:

Leicht positiv: Im Vergleich zu Johannesburg-Vereinbarungen sind einige gute Formulierungen zur Wechselbeziehung mit Ökosystemen und deren Rolle für Wasserverfügbarkeit sowie neue Verpflichtungen zum Wassermanagement enthalten. Es wird anerkannt, dass Wasser ein Kernbereich der nachhaltigen Entwicklung darstellt. Der Versuch das Prinzip der gemeinsamen Verantwortung von grenzübergreifenden Wasserökosystemen aufzuweichen konnte abgewehrt werden.

Meere:

Negativ: In letzter Minute wurde eine bereits im vorigen Text enthaltene Vereinbarung zur Umsetzung des UNO-Seerechtsübereinkommens gestrichen, die den Schutz der Hohen See ermöglichen sollte – bis dahin eines der wenigen wirklich guten und wichtigen Zwischenergebnisse.

Wälder:

Negativ: Kein Ziel zum Entwaldungsstopp


KONTAKT
Jörn Ehlers
WWF Deutschland
Tel. 030 311 777 422
joern.ehlers@wwf.de

Über WWF - World Wide Fund For Nature:
Der World Wide Fund for Nature (WWF) ist eine der größten unabhängigen Naturschutzorganisationen der Welt und konzentriert seine Arbeit auf drei Großlebensräume: Meere & Küsten, Binnenland-Feuchtgebiete und Wälder. Er wurde 1961 (damals als World Wildlife Fund) in der Schweiz gegründet und verfügt über ein globales Netzwerk von 26 nationalen und fünf assoziierten Organisationen sowie 22 Programmbüros. Weltweit unterstützen ihn rund fünf Millionen Förderer. Der WWF handelt im Auftrag der Natur nach dem Prinzip »Naturschutz für und mit Menschen«.
Die Umweltstiftung WWF Deutschland wurde 1963 als gemeinnützige, unabhängige und überparteiliche Stiftung gegründet.
Naturschutz war damals für viele noch ein Fremdwort. Heute ist die Umweltstiftung mit 284.000 Förderern (Stand 2004) eine der größten privaten Non-Profit-Organisationen des Landes.
Die meisten Projekte des WWF Deutschland –seit 1963 waren es über 2.100 – sind erfolgreich verlaufen.
Im Jahr 2004 war der WWF Deutschland in 48 internationalen und 30 nationalen Naturschutzprojekten aktiv – von der Bewahrung der Tropenwälder in Indonesien und Zentralafrika über den Schutz der mittleren Elbe bis zur politischen Lobbyarbeit in Berlin und Brüssel. 19,3 Millionen Euro flossen 2004 in die Naturschutzarbeit.

Firmenkontakt:
KONTAKT
Jörn Ehlers
WWF Deutschland
Tel. 030 311 777 422
joern.ehlers@wwf.de

Die Pressemeldung "Rio+20: Bittere Wahrheiten am Zuckerhut" unterliegt dem Urheberrecht der pressrelations GmbH. Jegliche Verwendung dieses Textes, auch auszugsweise, erfordert die vorherige schriftliche Erlaubnis des Autors. Autor der Pressemeldung "Rio+20: Bittere Wahrheiten am Zuckerhut" ist WWF - World Wide Fund For Nature.