Gesundheitsprobleme häufiger bei Kindern aus sozial schwachen Familien / 5. Landesgesundheitskonferenz präsentiert Ergebnisse zur Kindergesundheit

  • Pressemitteilung der Firma Ministerium für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt, 02.02.2011
Pressemitteilung vom: 02.02.2011 von der Firma Ministerium für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt aus Magdeburg

Kurzfassung: Die meisten Kinder in Sachsen-Anhalt sind gesund. Zugleich sind aber Gesundheit und Gesundheitsverhalten stark vom sozialen Status abhängig. Das geht aus der aktuellen Schulanfängerstudie und dem Kinder- und Jugendgesundheitsbericht hervor, die am ...

[Ministerium für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt - 02.02.2011] Gesundheitsprobleme häufiger bei Kindern aus sozial schwachen Familien / 5. Landesgesundheitskonferenz präsentiert Ergebnisse zur Kindergesundheit


Die meisten Kinder in Sachsen-Anhalt sind gesund. Zugleich sind aber Gesundheit und Gesundheitsverhalten stark vom sozialen Status abhängig. Das geht aus der aktuellen Schulanfängerstudie und dem Kinder- und Jugendgesundheitsbericht hervor, die am Mittwoch auf der 5 Landesgesundheitskonferenz in Magdeburg präsentiert wurden.

Bronchitis und Lungenentzündung sind seit 1991 kontinuierlich auf dem Rückzug, die Zahngesundheit hat sich verbessert, und immer mehr Kinder lassen sich impfen. Dagegen zeigt sich aber auch, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien häufiger übergewichtig sind, wegen Bronchitis im Krankenhaus behandelt werden müssen und seltener an Freizeitaktivitäten teilnehmen. Immer häufiger rauchen junge Frauen auch während der Schwangerschaft weiter.

Minister Bischoff sagte: "Gesundheitserziehung und Aufklärung sind wichtig und beginnen in der Kindertageseinrichtung. Zugleich zeigen die Ergebnisse, dass wir noch stärker an die Eltern heran müssen. Ihr Verhalten bestimmt das Verhalten der Kinder. Wenn zu Hause niemals ein Apfel oder eine Möhre auf den Tisch kommen, wissen die Kinder in der Kita damit auch nichts anzufangen. Kitas sind nicht nur Orte, in denen Wissen erlernt wird, sie sollen auch gesunde Verhaltensweisen an Kinder und Eltern vermitteln. Unser Modellprojekt der Kinder-Eltern-Zentren ist ein gutes Beispiel dafür, wie Kitas Familien unterstützen können. Sie beziehen Familien aktiv ein und bieten Angebote der Familienberatung und -bildung. Wichtig ist, dass die frühzeitige Bildung in der Kita auch in den Schulen fortgesetzt wird, um Gesundheitsrisiken vorzubeugen."

Bischoff will eine zielgruppenorientierte Gesundheitsarbeit. Er lobte in diesem Zusammenhang den Ansatz der Landesvereinigung für Gesundheit, die im Auftrag des Landes die Umsetzung der Gesundheitsziele koordiniert. Mit Modellprojekten werden sehr konkret die Menschen in ihrer Lebensumwelt angesprochen. So wird beispielsweise im Landkreis Börde ein Familienzentrum zu einem regionalen Kompetenzzentrum für Ernährung und Bewegung entwickelt. Familien mit Kindern sollen dort mehr über gesundes Essen lernen und sie erfahren, wie man im Alltag die Bewegung fördern kann.

Ergebnisse im Einzelnen:

Bronchitis
Am häufigsten litten Kinder unter Infekten der oberen Atemwege, dabei an erster Stelle an Bronchitis. Die Erkrankungen nahmen aber im Untersuchungszeitraum von 1991 bis 2010 in allen Untersuchungsorten kontinuierlich ab. Seit 2000 liegen sie auf einem annähernd gleichbleibenden Niveau von rund 33 Prozent. 1991 waren es noch rund 56 Prozent. Es ist ein Zusammenhang zwischen der Erkrankung des Kindes und dem Rauchen der Mutter während der Schwangerschaft sowie dem Leben in einer Wohnung mit Feuchtigkeitsproblemen erkennbar.

Bronchialasthma
Seit 1991 ist eine stetige Zunahme von Bronchialasthma in allen Untersuchungsorten in allen sozialen Schichten zu beobachten - häufiger bei Kindern mit extremer Adipositas und bei Kindern, die als Frühgeburten (hier Einfluss des Rauchens während der Schwangerschaft) auf die Welt kamen.

Ernährungszustand
Entgegen dem öffentlichen Eindruck kann nicht von einem extrem hohen Anteil übergewichtiger Kinder im Land gesprochen werden. Insgesamt lag der Anteil im Zeitraum der Einschulungsjahrgänge 1991 bis 2010 bei etwa 11,6 Prozent. Kontinuierlich zugenommen hat allerdings der Anteil sehr übergewichtiger Vorschulkinder seit 1991 von 0,6 Prozent auf 3,3 Prozent. Kinder, die bereits mit einem höheren Geburtsgewicht (mehr als 3.700 Gramm) auf die Welt gekommen waren, die keine Geschwister hatten, die in einer Raucherwohnung lebten oder deren Eltern über eine nur geringe Bildung verfügten, waren mehr von Übergewicht betroffen. So waren einzuschulende Kinder mit niedrigem Sozialstatus fast zweimal häufiger von Übergewicht (12,6 Prozent), fast dreimal häufiger von Adipositas (7,1 Prozent) und fast fünfmal häufiger von extremer Adipositas (2,4 Prozent) betroffen als Kinder mit hohem Sozialstatus (Übergewicht: 7,1 Prozent, Adipositas: 2,6 Prozent, extreme Adipositas: 0,5 Prozent).

Zahngesundheit
Wie aus dem Kinder- und Jugendgesundheitsbericht hervorgeht, wurde der bisherige Trend hinsichtlich einer kontinuierlichen Verbesserung der Zahngesundheit von Kindern und Jugendlichen bestätigt. Das auf Deutschland adaptierte WHO-Zahngesundheitsziel "Weniger als ein kariöser Zahn bei 12-jährigen bis zum Jahr 2020" wurde in Sachsen-Anhalt mit dem Schuljahr 2008/2009 erreicht. Kinder im Alter von 1-5 Jahren hatten in Sachsen-Anhalt in den Schuljahren 2007/2008 und 2008/2009 durchschnittlich zu 78 Prozent ein naturgesundes Milchgebiss, 6-9-jährige Kinder hatten noch zu 32 Prozent ein naturgesundes Milchgebiss. Nach dem Gebisswechsel hatten 11-18-jährige Schülerinnen und Schüler zu 45 Prozent ein naturgesundes Dauergebiss. Etwa 18 Prozent der 3- bis 5-Jährigen, 15 Prozent der 6- bis 9-Jährigen und 4 Prozent der 10- bis 12-Jährigen in Kitas und Schulen hatten ein erhöhtes Kariesrisiko. Der Anteil des Kariesrisikos stieg im Alter von 5 bis 7 Jahren deutlich an und fiel dann von 25 Prozent bei 7-Jährigen auf 10 Prozent bei 8-Jährigen und verringerte sich weiterhin bis zum Alter von 10 Jahren.

Festgestellt wurde, dass die Zahngesundheit eng an die Art der besuchten Schule gekoppelt war, mit einem deutlichen Gefälle vom Gymnasium über die Sekundarschule zur Förderschule. Förder- und Sekundarschüler/-innen nahmen Angebote der zahnärztlichen Versorgung weniger häufig in Anspruch als Gymnasialschüler/-innen; Zahngesundheit in Einrichtungen öffentlicher Trägerschaft war deutlich schlechter als in Einrichtungen in freier Trägerschaft.

Impfstatus
Ein zunehmender Anteil Kinder hat einen altersgerechten Impfstatus. 87,5 Prozent der Kinder verfügten bei der Schuleingangsuntersuchung über eine vollständige Grundimmunisierung (Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Poliomyelitis, Haemophilus influenzae b, Hepatitis B und zweite Masern-, Mumps- und Röteln-Impfung). Der Impfstatus der Durchimpfungen im Einzelnen ist höher. Nachholbedarf gibt es bei den Auffrischimpfungen ab 5 bis 6 Jahren und zwischen 9 und 17 Jahren. So verfügen nur 32,6 Prozent der Drittklässler über eine Auffrischimpfung gegen Keuchhusten, bei den Sechstklässlern sind es 39,9 Prozent.

Entwicklungsrückstände
Ein Teil der untersuchten Vorschulkinder in Sachsen-Anhalt wiesen Entwicklungsrückstände in verschiedenen Bereichen auf. Dazu zählen Rückstände in der emotionalen und motorischen Entwicklung, aber auch Sprachstörungen. Defizite der Sprache, die einen logopädischen bzw. sprachtherapeutischen Handlungsbedarf erkennen lassen, wurden bei fast einem Drittel der untersuchten Kinder festgestellt. Dabei ist zu beachten, dass Kinder in Sachsen-Anhalt zum Zeitpunkt der Schuleingangsuntersuchung besonders jung sind (4,9 Jahre). Jungen zeigten häufiger Sprachstörungen (36,3 Prozent) als Mädchen (26,2 Prozent). Defizite waren bei Kindern mit niedrigem Sozialstatus deutlich häufiger als bei Kindern mit hohem Sozialstatus. Die Betreuungsart des Kindes zum Zeitpunkt der Schuleinganguntersuchung zeigt, dass Sprachstörungen bei Kindern, die eine Kindertageseinrichtung besuchten, deutlich seltener waren als bei Kindern, die keine Kindertageseinrichtung besucht haben.

Stillverhalten
Positiv hervorzuheben ist auch, dass immer mehr junge Mütter ihr Baby stillen. Der Anteil der Kinder, die mindestens 12 Wochen voll gestillt werden, stieg von 24,3 Prozent (1991) auf 47,3 Prozent (2010). Sie unterstützen damit nicht nur die gesunde körperliche Entwicklung ihres Kindes, sondern fördern auch die für eine gesunde psychische Entwicklung so entscheidende verlässliche Bindung zwischen Mutter und Kind.

Passivrauchen
Die Gesundheit von Kindern wird auch durch den Lebensstil der Eltern beeinflusst. Hier steht dem positiven Trend, dass immer weniger Kinder in der elterlichen Wohnung Tabakrauch ausgesetzt sind (1991: 58 Prozent, 2010: 16 Prozent), eine Zunahme des Anteils rauchender Mütter und vor allem rauchender Schwangerer gegenüber. Gaben 1996 noch 5,5 Prozent der Mütter, deren Kinder eingeschult wurden, an, während der Schwangerschaft geraucht zu haben, waren es 2010 bereits 17,9 Prozent. Insbesondere durch das Rauchen in der Schwangerschaft verringern sich die Chancen für ein gesundes Aufwachsen von Kindern bereits im Mutterleib. Laut Erhebung rauchten jüngere Mütter häufiger in der Wohnung als ältere Mütter,

Kinder aus Familien mit niedrigem Sozialstatus lebten häufiger in Raucherwohnungen als Kinder aus Familien mit hohem Sozialstatus. So waren beispielsweise bei den letzten drei Einschulungsjahrgängen 35,5 Prozent der Kinder aus Familien, in denen kein Elternteil wenigstens einen Schulabschluss der 10. Klasse erreicht hatte, dem Passivrauchen in den ersten drei Lebensjahren ausgesetzt. Dem standen Kinder von Fach- oder Hochschulabsolventen/-innen mit einem Anteil von 5,4 Prozent gegenüber.

Freizeitverhalten
Seit 2006 werden die Eltern auch zum Freizeitverhalten ihrer Kinder befragt. Insgesamt treiben 30,3 Prozent der untersuchten Kinder der Einschulungsjahrgänge 2007 bis 2010 regelmäßig Sport in einem Sportverein. Der Anteil dieser Kinder stieg von 29 Prozent in 2007 auf 32,8 Prozent in 2010. Etwa 23 Prozent nahmen an der musikalischen Früherziehung teil oder besuchten eine Musikschule und fast 17 Prozent belegten einen Sprachkurs. Kinder aus Familien mit hohem Sozialstatus besuchten signifikant häufiger einen Sportverein (46,6 Prozent), eine Musikschule (38,7 Prozent) oder einen Sprachkurs (24,3 Prozent) als Mädchen und Jungen aus Familien mit niedrigem Sozialstatus (8,9 Prozent – Sportverein, 6,2 Prozent – Musikschule, 9,1 Prozent – Sprachkurs).

Fernsehkonsum
Durchschnittlich schauten Kinder 60 Minuten pro Tag Fernsehen. In Familien mit niedrigen Sozialstatus war ein höherer Fernsehkonsum (73 Minuten täglich) gegenüber Familien mit hohem Sozialstatus (43 Minuten) erkennbar. Im regionalen Vergleich verbrachten Kinder aus den Städten Halle und Magdeburg weniger Zeit vor dem Fernseher als Kinder aus den ländlichen Regionen der Altmark.

Kinderbetreuung
Der Anteil der Kinder, die nie eine Kinderkrippe (Einschulungsjahrgang 2000: 6,9 Prozent - Einschulungsjahrgang 2010: 6,5 Prozent) oder einen Kindergarten (Einschulungsjahrgang 2000: 1,4 Prozent - Einschulungsjahrgang 2010: 0,5 Prozent) besuchten, ist weiter zurückgegangen.

Wohnumfeld
Die Wohnsituation an einer verkehrsreichen Straße (weniger als 10 Meter Abstand) hat sich von 1994 bis 2010 bei Familien mit mittlerem und hohem Sozialstatus verbessert und lag bei 19 Prozent. Bei Familien mit niedrigem Sozialstatus verschlechterte sich die Wohnsituation und lag bei 38 Prozent. Kinder aus Familien mit hohem Sozialstatus (Erwerbstätigkeit entscheidend) waren durch die Wohnlage geringer durch Kfz-Abgase betroffen.

Hintergrund:
Bei der Schulanfängerstudie Sachsen-Anhalt handelt es sich um eine in dieser Form bundesweit einmalige Langzeit-Datenreihe. Seit 1991 werden auf freiwilliger Basis im Rahmen der Schuleingangsuntersuchungen anonymisiert Gesundheitsdaten von Kindern erhoben und Eltern zum Lebensumfeld befragt. Mittlerweile stehen Daten von mehr als 33.000 Kindern zur Verfügung. Die aktuelle Studie umfasst die Einschulungsjahrgänge 2008 bis 2010. Es wurden 3.621 Kinder in Magdeburg, Halle, Merseburg, Salzwedel, Gardelegen und Osterburg befragt.

Der Kinder- und Jugendgesundheitsbericht enthält erstmals Daten der schulärztlichen und zahnärztlichen Reihenuntersuchungen in den Gesundheitsämtern. Für das Schuljahr 2008/2009 standen aus den ärztlichen Untersuchungen Daten von etwa 15.000 Erstklässlern, 11.000 Drittklässlern und 10.000 Schülerinnen und Schülern der 6. Klasse zur Verfügung. Aus zahnärztlichen Untersuchungen lagen im betreffenden Schuljahr Daten von 47.000 Kita-Kindern und 90.000 Schülerinnen und Schülern vor.

Die Schulanfängerstudie und der Kinder- und Jugendgesundheitsbericht werden unter Federführung des Landesamtes für Verbraucherschutz in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern der beteiligten Kreise und Städte gefertigt.

Die kompletten Berichte sind im Internet unter www.ms.sachsen-anhalt.de zu finden.


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