BRÜDERLE-Interview für die Rhein-Zeitung

  • Pressemitteilung der Firma FDP-Bundestagsfraktion, 30.11.2011
Pressemitteilung vom: 30.11.2011 von der Firma FDP-Bundestagsfraktion aus Berlin

Kurzfassung: BERLIN. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Rainer BRÜDERLE gab der Rhein-Zeitung (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Rena Lehmann: FRAGE: Die FDP-Basis in Rheinland-Pfalz blickt gespannt nach Berlin. Eine ...

[FDP-Bundestagsfraktion - 30.11.2011] BRÜDERLE-Interview für die Rhein-Zeitung


BERLIN. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Rainer BRÜDERLE gab der Rhein-Zeitung (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Rena Lehmann:

FRAGE: Die FDP-Basis in Rheinland-Pfalz blickt gespannt nach Berlin. Eine Trendwende sei nur von dort zu machen, heißt es. Dabei könnten Sie als Fraktionsvorsitzender helfen. Sehen Sie das auch so?

BRÜDERLE: Der enttäuschende Ausgang der Landtagswahl hat der Partei natürlich weh getan. Aber das sehe ich weitgehend als überwunden an. Die Stimmung ist jetzt wieder kämpferisch. Die Partei ist engagiert und es geht wieder nach vorn. Die rot-grüne Regierung gibt uns ja auch täglich Vorlagen. Der Sumpf am Nürburgring, der Stillstand in der Wirtschaftspolitik. Wir müssen mit voller Verve auf die Schwachstellen hinweisen.

FRAGE: Nehmen wir mal an, das Dauertief der FDP hält weiter an. Stünden Sie für den Parteivorsitz als Ersatz zur Verfügung?

BRÜDERLE: Die Führungsfragen bei uns sind entschieden. Wir haben mit Philipp Rösler einen Parteivorsitzenden, der meine volle Unterstützung hat.

FRAGE: Wie groß ist die Gefahr, dass die geschwächte Partei über den Mitgliederentscheid zum Euro-Rettungsschirm vollends zerbricht?

BRÜDERLE: Die FDP diskutiert in fairer Weise eine Sachfrage im Rahmen eines Mitgliederentscheids. Andere Parteien bieten ihren Mitgliedern diese Möglichkeit gar nicht. Ich bin sicher, dass der Antrag des Bundesvorstands eine klare Mehrheit erhält und damit auch der dauerhafte Rettungsschirm. Deutschland wird nur weiter erfolgreich sein, wenn wir mit den Nachbarländern an einem Strang ziehen. Es ist doch falsch zu glauben, dass wir hier in Deutschland allein eine Insel des Wohlstands erhalten können. Ich bin überzeugt, dass wir mit dem Euro erfolgreich sind, aber dazu bedarf es jetzt keiner kurzfristigen Beruhigungspillen, sondern langfristiger richtiger Strukturen. Die FDP-Fraktion und der Bundesvorstand sind geschlossen.

FRAGE: Aber es kann doch auch anders laufen: Der Rücklauf für Frank Schäffler, der den ESM verhindern will, ist gut. Was, wenn der Mitgliederentscheid doch kommt? (Anm: Mitgliederentscheid läuft doch bereits.) BRÜDERLE: Das Verfahren ist klar geregelt. Jetzt werden die Stimmen abgegeben und nach dem 14.12. werden sie ausgezählt. Erst dann kennen wir das Ergebnis. Im Übrigen stelle ich grundsätzlich keine Überlegungen nach dem Motto an: Was wäre wenn… FRAGE: Aber das wäre doch kluge, vorausschauende Politik.

BRÜDERLE: Unser Ziel ist es zu gewinnen, dafür setzen wir uns ein. Wenn der Mitgliederentscheid anders ausgeht, werden wir darüber beraten. Die FDP-Fraktionsmitglieder im Bundestag werden das Ergebnis bei ihrer Entscheidung berücksichtigen. Bindend kann der Entscheid für freie Abgeordnete aber schon verfassungsrechtlich nicht sein.

FRAGE: Müssten die Euro-Rebellen Schäffler und Co. dann alle aus der Partei austreten?

BRÜDERLE: Nein, wieso denn? Es ist das legitime Recht eines Parteimitglieds, sich für einen Mitgliederentscheid einzusetzen. Das ist liberal: Jeder darf für seine Überzeugungen werben. Die Analyse der Kritiker mag in Teilen zutreffend sein, aber es fehlt jeder Lösungsansatz.

FRAGE: Wie ist denn Ihr Lösungsansatz?

BRÜDERLE: Wir müssen den Stabilitätspakt, der viele Male von vielen Ländern nicht eingehalten wurde, ersetzen durch einen neuen Stabilitätspakt. Dabei ist der ESM für mich ein Kernstück. Er muss mit Automatismen ausgestattet sein. Fehlverhalten darf nicht zum Gegenstand eines europäischen Kuhhandels werden, sondern muss Konsequenzen nach sich ziehen. Länder, die sich nicht daran halten, müssen einen Teil ihrer Kompetenzen an die Europäische Kommission abgeben. Wir wollen keine Transfer- und Schuldenunion.

FRAGE: Bisher haben die Sparmaßnahmen der Schuldenländer die Finanzmärkte aber nicht überzeugt. Ihnen läuft die Zeit davon.

BRÜDERLE: Der Euro ist bisher stabil. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass das so bleibt. Dabei darf es aber kein Weiter so geben. Ein Umbau der EU hin zu einer Stabilitätsunion ist dringend notwendig. Über den Weg dahin diskutieren wir. Am Ende müssen wir glaubwürdige Mechanismen haben, damit der Anleger weiß, dass er auch auf die Stabilität der Währung setzen kann, wenn er Euro-Anleihen kauft. Und damit die Menschen auf ihre Währung vertrauen.

FRAGE: Aber wenn sie noch an die Wirkkraft des EFSF glauben, wieso sind Sie dann dafür, den ESM, den dauerhaften Stabilitätsmechanismus, schneller einzuführen?

BRÜDERLE: Weil wir für eine dauerhafte Beruhigung sorgen müssen. Wir sollten den ESM nicht erst im Sommer, sondern bis zum Frühjahr ausverhandeln und damit ein wichtiges Signal an die Märkte senden. Es ist wichtig zu zeigen, dass eine Kontinuität und eine Linie hinter unseren Entscheidungen stehen. Hoffnungsvoll stimmt auch der Plan des neuen italienischen Ministerpräsidenten Monti. Das ist ein klares Bekenntnis zum strikten marktwirtschaftlichen Denken.

FRAGE: Aber hat Europa die Zeit für den langfristigen Umbau seiner Volkswirtschaften? Die ganze Welt sieht die Währung jetzt schon am Scheidepunkt.

BRÜDERLE: Dramatik hilft nicht: Wir haben jetzt die Chance, einen Sprung in der Qualität der Stabilitätsstrukturen zu schaffen.

FRAGE: Auch Barack Obama hat die Europäer aufgefordert, ihre Krise endlich in den Griff zu bekommen.

BRÜDERLE: Die USA haben selbst eine Verschuldung von 100 Prozent und bekommen kein Sparprogramm auf den Weg. Das ist nicht unbedingt die Position, um anderen Ratschläge zu erteilen. Europa kann da ruhig selbstbewusster werden. Wenn wir es richtig anpacken, werden wir auch weiterhin nicht weniger erfolgreich sein als andere Wachstumsregionen der Welt.

FRAGE: Sie halten die Euro-Krise ohne eine Einmischung der EZB und ohne Euro-Bonds für lösbar?

BRÜDERLE: Ich halte Euro-Bonds für falsch, weil sie den Marktmechanismus außer Kraft setzen würden. Wenn die schwachen Länder ermäßigte Zinsen zahlen könnten, warum sollen sie dann noch sparen?

FRAGE: Aber vielleicht wird die Bonds-Lösung einfach nur notwendig sein. Was dann?

BRÜDERLE: Allein die breite Debatte darüber reduziert den Druck in den Ländern, die unterlassenen Reformen nachzuholen. Je mehr man ihnen in Aussicht stellt, dass die anderen Länder ihre Rechnungen bezahlen, desto weniger strengen sie sich an.

FRAGE: 15 von 17 Euro-Ländern wollen Euro-Bonds.

BRÜDERLE: Es bleibt dabei: Wir lehnen eine Schuldenvergemeinschaftung ab. Das sind wir den Steuerzahlern und den hart arbeitenden Menschen in unserem Land schuldig.

FRAGE: Welche Auswirkungen hat dieser Kurs für das Ansehen Deutschlands?

BRÜDERLE: Wenn unsere Haltung hier und da kritisiert wird, darf uns das nicht irritieren. Man darf Politik nicht nach Stimmungslagen machen, sondern muss nach inneren Überzeugungen handeln. Im Übrigen bekennen sich ja auch unsere niederländischen und nordeuropäischen Freunde zur Stabilitätskultur.

FRAGE: Lehnt die Kanzlerin Euro-Bonds genauso kategorisch ab wie Sie?

BRÜDERLE: So nehme ich ihre Äußerungen wahr.

FRAGE: Ein anderes Thema: Karl-Theodor zu Guttenberg scheint sich bei der CSU gar nicht mehr so wohl zu fühlen, hat sich aber eine Rückkehr auf die politische Bühne offengehalten. Würden Sie ihn bei sich aufnehmen?

BRÜDERLE: (Lacht). Ich wünsche Herrn zu Guttenberg alles Gute, aber zu seinen Plänen fragen Sie ihn doch lieber selbst.


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Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden.
Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.

Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.

Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.

Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.

Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.

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