Interview von Hermann Gröhe in der 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung'

  • Pressemitteilung der Firma CDU, 12.10.2011
Pressemitteilung vom: 12.10.2011 von der Firma CDU aus Berlin

Kurzfassung: Die Pressestelle der CDU Deutschlands teilt mit: CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe gab der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Stephan Löwenstein. FAZ: Herr Gröhe, auf dem nächsten ...

[CDU - 12.10.2011] Interview von Hermann Gröhe in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"


Die Pressestelle der CDU Deutschlands teilt mit:

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe gab der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Stephan Löwenstein.

FAZ: Herr Gröhe, auf dem nächsten CDU-Parteitag soll ein europapolitisches Papier beschlossen werden. Eine Revision der bisherigen Beschlusslage?

Gröhe: Nein. Im Gegenteil: Jetzt kommt der konkrete Anwendungsfall. Wir stehen dabei mit beiden Beinen auf unserem Grundsatzprogramm von 2007. Von Konrad Adenauer über Helmut Kohl bis hin zu Angela Merkel war es immer Tradition der CDU, eine leidenschaftliche europafreundliche Partei zu sein. Wie wir in Deutschland und in anderen europäischen Ländern leben, arbeiten und wirtschaften, kann in einer sich dramatisch verändernden Welt nur dann Bestand haben, wenn wir erkennbar gemeinsam unseren Weg gehen. Diese Grundsatzposition wenden wir auf die Verschuldenskrise an. Eine zentrale Antwort lautet dabei: Aus der Währungsunion muss eine Stabilitätsunion werden.

FAZ: Die Krise schafft keine neue Lage?

Gröhe: Die Krise hat offen gelegt, wie massiv der Stabilitäts- und Wachstumspakt unter tatkräftiger Mithilfe einer rot-grünen Bundesregierung beschädigt wurde. Das war der Nährboden für die jetzige Schuldenkrise. Das Vertrauen in den Euro droht in der Bevölkerung wie auch auf den Märkten verlorenzugehen. Der Stabilitätspakt braucht deshalb wieder mehr Biss, um Vertrauen zurückzugewinnen. Die geltenden Vertragsgrundlagen ermöglichen schon einiges. Aber wir werden weitergehen müssen.

FAZ: Welche Folgerungen ziehen Sie?

Gröhe: Wir brauchen in allen Euro-Staaten eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild. In Spanien, in Italien und Frankreich gibt es da durchaus Ansätze. Dann geht es darum, wie wir diese Regeln durchsetzen, wenn einzelne Länder nicht willens oder in der Lage sind, die Vorgaben einzuhalten. Dazu müssen wir uns auch mit den europäischen Verträgen beschäftigen. Maßstab ist die Bewertung durch die Europäische Kommission im Rahmen der sogenannten europäischen Semester.

FAZ: Was soll mit einem Stabilitätssünder geschehen?

Gröhe: Es muss spürbare Konsequenzen geben. Wir brauchen die Möglichkeit, dass Euro-Staaten, die gegen den Pakt verstoßen, künftig vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt werden können. Und es muss bei Verstößen ein klar strukturiertes mehrstufiges Verfahren geben. Wenn ein Land erkennbar seine Verpflichtungen nicht einhält, dann sollte es frühzeitig Beratungshilfe und eine Hilfe bei der effizienten Einsetzung von Fördermitteln geben, um das Wachstum anzukurbeln. Bei Verlust der Schuldentragfähigkeit muss ein Verfahren zur planmäßigen Entschuldung eingeleitet werden, welches ein EU-Sparkommissar überwacht. Wenn bei uns in Deutschland eine Kommune dauerhaft ihren Haushalt nicht in Ordnung bringt, dann muss sie ebenso damit rechnen, dass ihr die staatliche Aufsicht sagt, was sie zu tun und zu lassen hat. Ähnliches müssen wir auf europäischer Ebene erreichen.

FAZ: Die europäischen Staaten sind anders als die deutschen Kommunen souverän. Ein Souveränitätsverzicht wird schon rechtlich ohne weiteres nicht möglich sein.

Gröhe: Die kommunale Selbstverfassung ist bei uns verfassungsrechtlich geschützt. Insofern ist Souveränität auch da ein tragendes Grundprinzip. Natürlich werden wir genau aufs Detail achten müssen, weil Länder ihre demokratischen Entscheidungen behalten.

FAZ: Wie steht es mit dem Ausschluss aus der Währungsunion als schärfste Sanktion?

Gröhe: Jetzt geht es darum, die Gemeinschaft zu verteidigen. Mit Hilfe, zur Not auch mit Druck. Aber nicht, indem wir die Gemeinschaft in Zweifel ziehen. Ich sehe in einer solchen Forderung eher einen Weg, der uns in Europa schwächt.

FAZ: Die CSU ist da aber anderer Auffassung - und auch in der CDU ist das umstritten.

Gröhe: Wir werden das in der Kommission und auf dem Parteitag diskutieren. Wenn ich mir den CSU-Beschluss ansehe, dann gibt es in der Antwort auf die aktuellen Herausforderungen ganz große Gemeinsamkeiten. Der Unterschied liegt mehr in der Tonlage. All den Skeptikern in der Schwesterpartei sei gesagt: Auch Bayern braucht Europa! Zu Recht haben auf dem CSU-Parteitag gerade die Europaparlamentarier vor Provinzialismus gewarnt.

FAZ: Und wie sieht es mit der FDP aus?

Gröhe: Die FDP weiß, dass es in die Irre führt, wenn Einzelne ihr einen europaskeptischen Kurs nach dem Vorbild von Parteien in anderen Ländern nahelegen. Ich bin sicher, dass die FDP-Führung gewillt ist, für einen europafreundlichen Kurs zu kämpfen. Und dass sie Erfolg dabei hat.

FAZ: Die Konsequenz aus der Schuldenkrise heißt also mehr Europa?

Gröhe: Ja.

FAZ: Das heißt: mehr Brüssel?

Gröhe: Wir wollen mehr Europa, aber nicht mehr Bürokratie im Alltag. Will heißen: Wir brauchen starke Leitplanken, aber weniger Verkehrsschilder. In der Stabilitätskultur muss Brüssel stärker werden. Aber von einem bestimmten Naturschutzgebiet versteht ein Landrat oder Landesminister im Zweifel mehr. Was Deutschland angeht, sind wir überzeugte Föderalisten. Das gilt entsprechend für Europa, dort nennen wir das Subsidiaritätsprinzip. Ich kann mir vorstellen, dass man auf manchen Feldern Brüsseler Detailregulierungen zurücknimmt und auf anderen Europa stärkt. Manchmal ist weniger mehr.

FAZ: Europa soll also zu noch stärkerer Staatlichkeit zusammenwachsen. Fehlt da nicht ein Stück demokratische Kontrolle und Legitimität?

Gröhe: Die Europäische Union ist als Staatenverbund ein Konstrukt ganz eigener Art. Deshalb führt es zu Missverständnissen, wenn man von den Vereinigten Staaten von Europa spricht. Man denkt sofort an die USA. Wir sprechen in unserem Grundsatzprogramm bewusst von einer fortdauernden Bedeutung der Nationalstaaten, aber von bundesstaatlichen Prinzipien, nach denen die EU im Rahmen ihrer Zuständigkeit arbeitet. Wenn die Mitgliedstaaten die zur Krisenbekämpfung erforderliche verstärkte zwischenstaatliche Zusammenarbeit zunehmend in die Gemeinschaftspolitik überführen, führt das zu einer entsprechenden demokratischen Kontrolle durch das Europäische Parlament. Die Zusammenarbeit der Regierungen wird weiter durch die nationalen Parlamente legitimiert.

FAZ: Um zu Ihrem Ziel zu gelangen, wollen Sie einen Sprung mit langem Anlauf machen oder kurze, schnelle Schritte?

Gröhe: Wir haben eine besondere Gelegenheit. Es gibt einen wachsenden Konsens über die Ursache der Krise. Deshalb bin ich dafür, dass wir den Schritt zur Stabilitätsunion möglichst schnell gehen und zügig über einen europäischen Konvent zu Vertragsänderungen kommen. Ich würde das nicht mit einer Totalrevision der Verträge überfrachten. Das würde uns nur jahrelange Verhandlungen aufbürden. Wir brauchen gezielte Veränderungen. Unser Ziel sollte sein, binnen eines Jahres fertig zu werden.


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