21.11.2014 15:53 Uhr in Medien & Presse von Reporter ohne Grenzen e.V.

Willkürprozesse gegen investigative Journalisten

Kurzfassung: Willkürprozesse gegen investigative JournalistenReporter ohne Grenzen verurteilt die willkürlichen Strafprozesse gegen zwei kritische Journalisten im russischen Rostow am Don. Dem schon in einem and ...
[Reporter ohne Grenzen e.V. - 21.11.2014] Willkürprozesse gegen investigative Journalisten

Reporter ohne Grenzen verurteilt die willkürlichen Strafprozesse gegen zwei kritische Journalisten im russischen Rostow am Don. Dem schon in einem anderen Fall verurteilten Sergej Resnik drohen wegen Beleidigung von Staatsbeamten und Meineids bis zu drei Jahre zusätzliche Haft. Sein Kollege Alexander Tolmatschew wurde wegen angeblicher Erpressung zu neun Jahren Arbeitslager verurteilt.
"Sergej Resnik wurde von denselben Menschen vor Gericht gebracht, über die er kritisch berichtet hat. In Wirklichkeit geht es in diesem Prozess um Vergeltung an einem kritischen Journalisten", kritisierte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Wenn Resnik die Chance auf ein faires Verfahren bekommen soll, muss sein Prozess in eine andere Stadt verlegt werden."
Beamte haben wegen Beleidigung geklagt
Resnik und Tolmatschew sind für ihre investigativen Berichte über die in Rostow grassierende Korruption sowie für ihre Kritik an lokalen und regionalen Behördenvertretern bekannt. Resnik griff in Artikeln in der Zeitung Juschni Federalni, der online erscheinenden Nowaja Gaseta w Juschnom Federalnom sowie in seinem Blog insbesondere den Gouverneur des Verwaltungsbezirks Rostow an. Drei Beamte aus Justiz und Polizei werfen ihm vor, er habe sie in Artikeln auf seinem Blog beleidigt. Einer von ihnen beschuldigt den Journalisten zusätzlich des Meineids bezüglich einer schweren Straftat. Bei einem Schuldspruch drohen Resnik drei Jahre Gefängnis.
Sein am 20. August begonnener Prozess findet zum Teil unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Verteidigung wirft der Staatsanwaltschaft vor, sie habe Dokumente gefälscht. Am Mittwoch wurde der Prozess mit der Anhörung erster Zeugen der Verteidigung fortgesetzt.
Resnik verbüßt bereits eine 18-monatige Haftstrafe aufgrund eines Gerichtsurteils von Ende November 2013 wegen Korruption, Meineids und Beamtenbeleidigung. Nach der Verurteilung hätte er eigentlich in eine Strafkolonie überstellt werden müssen; auf Antrag der Staatsanwaltschaft wird er jedoch in Einzelhaft und damit unter deutlich schlechteren Bedingungen festgehalten. Trotz Protesten aus der Zivilgesellschaft wurde seine Berufung am 15. April abgewiesen.
Neun Jahre Arbeitslager nach fragwürdigem Prozess
Alexander Tolmatschew wurde am 29. Oktober der Erpressung eines Unternehmers schuldig gesprochen: Der Chefredakteur des Magazins Upolnomotschen Sajawit und der Zeitung Pro Rostow habe eine Million Rubel dafür verlangt, auf die Veröffentlichung kompromittierender Informationen zu verzichten. Bis zu seiner Verurteilung saß Tolmatschew trotz schwerer Gesundheitsprobleme schon fast drei Jahre in Untersuchungshaft. Weil unter den ursprünglichen Geschworenen auch Menschen waren, über die der Journalist kritisch berichtet hatte, wurde sein Prozess auf Antrag der Verteidigung in die Region Krasnodar verlegt.
Dennoch war auch dieses Verfahren von Fehlern gekennzeichnet. So wurden nur sieben der 50 in der Anklage benannten Zeugen gehört. Zwei junge Frauen gaben an, sie seien gezwungen worden, vorgefertigte eidesstattliche Erklärungen gegen Tolmatschew zu unterschreiben. Sofort nach seiner Festnahme im Dezember 2011 war dieser in Einzelhaft genommen worden. Reporter ohne Grenzen fordert ein umfassendes Berufungsverfahren, um dem Journalisten einen fairen Prozess zu ermöglichen. In der Zwischenzeit muss seine Haft ausgesetzt werden.
Unabhängige Medien unter zunehmendem Druck
Neben investigativen Journalisten stehen auch unabhängige Medien in Russland unter zunehmendem Druck. Zu den jüngsten Beispielen gehört der kritische Radiosender Echo Moskwy. Erst zwei Tage vor dem Termin wurde ein für (den heutigen) Freitag geplantes Aktionärstreffen abgesagt, bei dem die staatlich kontrollierte Gesellschaft Gazprom Media als Mehrheitseigentümer über die Ablösung von Chefredakteur Alexej Wenediktow und weiteren Mitarbeitern sowie über Änderungen am Programm des Senders abstimmen lassen wollte.
Wenediktow hatte sich einer Anordnung von Gazprom Media widersetzt, einen langjährigen Moderator wegen einer umstrittenen Twitter-Botschaft zu entlassen. In jüngster Zeit hat die Regierung den Sender unter anderem wegen seiner vom Kreml-Kurs abweichenden Ukraine-Berichterstattung kritisiert.
Ende September verabschiedete die Duma ein Gesetz, das den Anteil von Ausländern am Stammkapital russischer Medienunternehmen auf zwanzig Prozent begrenzt. Zuvor hatte es für Printmedien keine derartige Beschränkung gegeben. Die Reform bedroht deshalb die Unabhängigkeit investigativer Medien wie der Wirtschaftszeitung Wedomosti, an der bislang das Wall Street Journal aus den USA und die britische Financial Times zu je einem Drittel beteiligt sind, sowie der vom deutschen Verlag Axel Springer herausgegebenen russischen Ausgabe der Zeitschrift Forbes.
Russland steht auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 148 von 180 Ländern. Insgesamt sitzen dort derzeit mindestens vier Journalisten wegen ihrer Arbeit im Gefängnis.

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